Fendrich poltert nach Kurz-Attacke gegen die FPÖ und ihre Burschenschaften.
Auf Tour. „Ich bin zur Volkshilfe gegangen und habe gesagt: ‚Ich komme nicht, um sich auf ein Kaffee zusammenzusetzen, sondern ich habe ein Konzept!‘“ Rainhard Fendrich (62) engagiert sich jetzt gegen Kinderarmut. Mit raren Unplugged-Konzerten in Salzburg (3. April), Graz (4. April) und dem Wiener MuseumsQuartier (5. April).
Die Beweggründe zum Benefiz und seinen großen Frust über die neue Regierung erklärt er im ÖSTERREICH-Interview:
"Burschenschaft ist mehr als Jugendsünde"
ÖSTERREICH: Wie kam es zur Idee für die Benefizkonzerte?
Rainhard Fendrich: Ich fuhr im Auto und sah ein Plakat der Volkshilfe. Da stand „Wenn ich groß bin werde ich arm.“ Das hat mich bewegt und dann habe ich recherchiert: In Österreich sind zwischen 260.000 und 300.000 Kinder von der Armut bedroht. 300.000 Leute kamen auch zu meinen Donauinselfest-Konzerten. Ein Gedanke, der mich nicht mehr losgelassen hat. Und deshalb ich habe mir selber die Frage stellen müssen: Was kann ich tun? Und das sind nun mal Konzerte!
ÖSTERREICH: Eine einmalige Tour?
Fendrich: Nein! Ich habe vor, soweit ich das kann, den Kampf gegen Kinderarmut weiterzuführen und diese Aktion zu begleiten. Vielleicht auch mit einem großen Open Air.
ÖSTERREICH: Ist diese Armut und Kälte auch ein Zeichen des neuen politischen Weges?
Fendrich: Die Kinderarmut gibt es nicht erst, seitdem wir eine türkis-blaue Regierungsspitze haben. Da muss man schon die Kirche im Dorf lassen. Das hat jetzt nicht wirklich was mit der neuen Regierung zu tun. Über die ich, wie man weiß, nicht sehr glücklich bin.
ÖSTERREICH: Zuletzt haben Sie ziemlich offen gegen Kanzler Kurz gesprochen ...
Fendrich: Ich habe nicht gegen den Kanzler gesprochen, weil da war er noch nicht Kanzler! Ich sah die versammelte Polit-Prominenz und konnte nicht umhin, meinen Unmut preiszugeben. Mir ist der Kragen geplatzt und ich habe wörtlich gesagt: „Ich habe nicht Van der Bellen gewählt, damit ich jetzt eine blaue Regierungsbeteiligung habe. Schämen Sie sich, Herr Kurz!“
ÖSTERREICH: Worte, zu denen Sie noch immer stehen?
Fendrich: Ich habe mich sofort entschuldigt und wollte auch noch am Heimweg meine Gage rücküberweisen. Nur hat das gedauert. Ich will niemanden verletzen. Niemanden beleidigen. Nur ich finde, wenn in einem Land, das aktiv am Holocaust beteiligt war, plötzlich eine Partei Regierungsbeteiligung hat, wo Burschenschafter sitzen, die deutsch-nationales Gedankengut weitergeben oder gar wiederbeleben wollen, hinterlässt das für Österreich einen ganz schmutzigen Fußabdruck. Ich trage große Sorge, dass Österreich dadurch Schaden erleidet. Was leider Gottes eingetreten ist.
ÖSTERREICH: Kann man das stoppen?
Fendrich: Jetzt kann man gegen den Rechtspopulismus nichts mehr machen! Mein Aufschrei war zu einem Zeitpunkt, wo es noch Sondierungsgespräche gab. Ich wundere mich jetzt auch über die ÖVP, dass sie diese schwammigen Erklärungen mit diesen Burschenschaftern und ihren furchtbaren Liederbüchern so hinnimmt. Da müsste man sofort Konsequenzen setzen, um das Ganze im Keim zu ersticken.
ÖSTERREICH: Welche Konsequenzen?
Fendrich: Ich wünsche mir im Geschichtsunterricht ab dem 15. Lebensjahr eine pflichtmäßige Aufklärung unserer dunklen Geschichte. Damit würde man sehr viel gegen Rassismus, Antisemitismus und den aufkeimenden Faschismus erreichen.
ÖSTERREICH: Es gibt aber eine Regierungs-Partei, die das etwas anders sieht ...
Fendrich: Deswegen ist mir ja der Kragen geplatzt: Der Vizekanzler hat am Akademikerball eine flammende Rede gegen den Antisemitismus gehalten, aber die Wahrheit ist die: Eine Jugendsünde ist, wenn man einmal eine Radiergummi stiehlt oder in der Straßenbahn schwarz fährt. Aber nicht, in einer Burschenschaft zu sein. So viel Kreide kann man gar nicht fressen. Er ist so glücklich, dass er endlich regieren kann. Aber man kann solche Dinge nicht so einfach abwaschen.