Österreichischer Film "Jack" kommt im Herbst 2015 in die Kinos.
20 Jahre nach dem Selbstmord von Jack Unterweger in seiner Zelle tummeln sich Kamerateams in seiner Wohnung in Wien. Die Bleibe ist Kulisse, der Anlass der Dreh von Elisabeth Scharangs Drama "Jack". Der Burgtheater-Schauspieler Johannes Krisch gibt jenen verurteilten Serienmörder, der als "Häfenliterat" zum Liebling der Wiener Schickeria wurde - und kommt aus der Rolle "nicht mehr raus", sagt er.
Österreichischer Krimi
Nach Drehs u.a. im Nachtclub Roxy, über den Gleisen des Wiener Westbahnhofs und in der Justizanstalt Graz-Karlau hat sich das Filmteam nun im Dachgeschoß eines Wohnhauses in der Schleifmühlgasse in Wien-Wieden eingemietet. Seit drei Wochen und noch bis Mitte Jänner 2015 entsteht nach fünfjähriger Vorarbeit und mit einem Budget von 2,5 Mio. Euro in Wien, Salzburg und Graz die von Dieter Pochlatko (epo-Film) produzierte Aufarbeitung eine der aufsehenerregendsten österreichischen Kriminalgeschichten.
Die wahre Geschichte
1976 wegen dem Mord an einer jungen Frau zu lebenslanger Haft verurteilt, erlangte der Steirer Jack Unterweger von der Haft aus mit Gedichtbänden und autobiografischen Romane Berühmtheit. Nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen, wurde Unterweger fixer Teil der Wiener Schickeria, begab sich auf Lesetour - und soll in der Zeit bis zu elf Prostituierte ermordet haben. Nach einer spektakulären Flucht wurde er 1994 vor Gericht wegen neunfachen Mordes schuldig gesprochen - und erhängte sich wenige Stunde später, bevor das Urteil rechtskräftig werden konnte.
Film als Interpretation
Scharang will die Geschichte nicht nacherzählen, betont sie am Mittwoch am Rande der Dreharbeiten vor Journalisten. Anders als bei ihrem semi-dokumentarischen Fernsehfilm "Ein Patriot" über den Briefbomber Franz Fuchs sei es ihr wichtig, sich mit einer freien Interpretation der Geschichte "der Person Jack Unterweger zu nähern". Basierend auf fünf Eckdaten - "Jemand hat einen Mord begangen, saß lange im Gefängnis, hat geschrieben, kommt wieder raus, wird berühmt" - hat die österreichische Regisseurin reale Figuren lediglich als Inspiration hergenommen. Sie selbst habe Unterweger einst als Radioredakteurin kennengelernt und mit ihm drei Sendungen gemacht.
Mächtige Medien
Ausschlaggebend für den Film war dann aber jenes Bild, das Medien und Menschen von ihm hatten "und das nicht sehr viel mit der Realität zu tun hat". "Diese Mythenbildung war schon ein Grund, warum mich das so sehr interessiert hat - also die Geschichte von jemandem zu erzählen, der in einer Schleife hängen bleibt, in die er sich durchaus auch selbst begeben hat", so Scharang, die weniger ein Einzelereignis darstellen, sondern den Menschen "in einer Gesellschaft" zeigen will. "Das möchte ich gerne verstehen: Wie solche Mechanismen ablaufen, wenn jemand aus dem Gefängnis kommt, dann zu etwas wird und daran aber zerbröselt letztlich, weil er mit den Spielregeln da draußen nicht umgehen konnte."
Wien als Vampirstadt
Für Corinna Harfouch, die als Deutsche den Kriminalfall vorher nicht kannte und nun Unterwegers Geliebte spielt, ist die Auseinandersetzung mit einer Gesellschaft, die Unterweger "in seiner Schwäche genau erkennt und ihn aussaugt", die Stärke des Films. "Dieses Vampirhafte dieser Gesellschaft habe ich auch erlebt, als ich hier in Wien mal ein Jahr am Burgtheater engagiert war. Da gibt es eine eigenartige Tendenz hier."
Fiktive Figuren
Harfouchs Figur der Architektin Susanne habe es in Unterwegers Geschichte so nicht gegeben, sagt Scharang, sondern sei vielmehr eine Kombination aus realen Figuren. So waren ehemalige Geliebte wie Astrid Wagner und Bianca Mrak "wichtig als Gesprächspartner, um ein Gefühl dafür zu kriegen, was dieser Mann, wenn er dir in die Augen geschaut hat, ausgelöst hat", meint die Regisseurin, die die Person Jack Unterweger auch "durch ein starkes Frauenensemble" greifbar machen will. Nach dem Autounfall von Ursula Strauss hat Birgit Minichmayr die Rolle der Boulevardjournalistin übernommen; in weiteren Rollen sind Inge Maux als Unterwegers Mutter, Sarah Viktoria Frick als Jugendliebe, Paulus Manker als Gefängnispsychologe und Michael Fuith als Kommissar zu sehen.
Intensive Rolle für Krisch
Mit Johannes Krisch, der schon für Scharangs ersten Kinospielfilm "Vielleicht in einem anderen Leben" vor der Kamera stand, hat die Regisseurin die umstrittene Figur zwei Jahre lang erarbeitet. "Das ist eine sehr intensive Rolle, die sehr unangenehm ist, mit der lebt man sehr lang, aus der kann man auch nicht einfach raussteigen", sagt sie im Gespräch. "Da braucht man sehr viel Vertrauen ineinander und das haben wir aufgrund dieser anderen Arbeit zueinander gehabt." Für Krisch sei die Darstellung "eine große Herausforderung"; nach intensiver Recherche, im Laufe derer er viele Gutachten über Unterweger gelesen und Bildmaterial gesichtet hat, stecke er "mitten drin" - und bringt nicht zuletzt aufgrund der
Im September 2015 soll "Jack" in die Kinos kommen - eine Antwort darauf, ob Unterweger nun schuldig war oder nicht, darf man sich aber nicht erwarten. "Die Frage überlasse ich gerne dem Publikum", so Regisseurin Scharang.