Missbrauchsvorwürfe

Manker im ORF: "Werde mich nicht so erniedrigen"

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Manker beteuert fairen Umgang: "Nur, wenn es behauptet wird, muss es nicht stimmen"

Nach der in der Vorwoche veröffentlichten NDR-Doku "Gegen das Schweigen", in der Schauspielerinnen und Schauspieler über Machtmissbrauch und Übergriffe in Theater und Film berichtet hatten, meldeten sich am Montag die österreichischen Regisseure Julian Pölsler und Paulus Manker, gegen die namentlich Vorwürfe erhoben worden waren, zu Wort. Pölsler räumte in einer schriftlichen Stellungnahme teilweise Fehler ein, Manker stellte im ORF-"Kulturmontag" die Vorwürfe in Abrede.

Nach Sichtung der Doku verwies Pölsler in einem der APA vorliegenden Statement zunächst auf den "zeitlichen Aspekt", wonach die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe "sehr lange zurück" liegen würden, teilweise mehr als 15 bzw. 20 Jahre. Er habe "naturgemäß keine genaue Erinnerung mehr daran, was wann, wo und wie geschehen ist". Dies bedeute aber nicht, "dass ich mich einer Auseinandersetzung und Aufarbeitung der Vorwürfe entziehen will. Ganz im Gegenteil", so der 70-Jährige.

Pölsler  räumt Fehler ein

"Ich möchte prinzipiell festhalten, dass ich bei allen meinen Filmen im Ringen um die höchste Qualität meiner Filme am Drehort in manchen Situationen sicherlich in der Vergangenheit mitunter zu heftig, zu emotional und zu laut gegenüber manchen SchauspielerInnen und Teammitgliedern reagiert habe", räumte Pölsler ein, der jedoch unterstrich, dass er danach meistens das Gespräch gesucht und sein Bedauern zum Ausdruck gebracht habe. Zugleich bedauerte er, dass weitere Schauspieler und Schauspielerinnen diesbezüglich nicht mit ihm gesprochen hätten, dies nun aber in der Dokumentation getan haben. Auch mit ihnen wolle er nun das Gespräch suchen und die Geschehnisse aufarbeiten und sich entschuldigen.

Besonders wichtig sei es ihm festzuhalten, dass es bei keinem der in der Dokumentation vorgebrachten Fälle zu einem sexuellen Übergriff gekommen sei. In Bezug auf die Berichte über Vorkommnisse in "seiner Villa" im Ausseerland hielt er fest, dass er dort keine Villa besitze und es in dem für die Produktion angemieteten Landhaus niemals dazu gekommen sei, dass er ein Zimmer von Schauspielern betreten habe oder diese in sein Zimmer gekommen seien. "Den Bericht jener Person, die mich bezichtigt, mich vor mehr als zwanzig Jahren aus einem Machtverhältnis heraus ihr gegenüber sexuell übergriffig verhalten zu haben, weise ich zurück." Ihr Besuch sei "rein privater Natur" gewesen, es habe "keinen Zusammenhang mit einem Machtmissbrauch meinerseits" gegeben.

Nacktcastings und Übergriffe

Auch verwehrte sich Pölsler gegen den in der Doku erweckten Eindruck, es hätten "Nacktcastings" in seiner Wohnung stattgefunden: "Die in der Dokumentation hintangestellte Erklärung, es handle sich dabei um einen Kollegen, der aber anonym bleiben soll, halte ich für einen manipulatorischen Versuch, mich zu diskreditieren." Zudem habe er "niemals eine junge Schauspielerin zum Casting bestellt, die sich dann überraschenderweise nackt ausziehen musste". Die Anforderungen würden immer im Vorhinein kommuniziert. "Im konkreten Fall wussten die zum Casting eingeladenen Schauspielerinnen genau, dass es sich um eine Nacktszene im Film handelt und es dafür notwendig ist, das Casting nackt durchzuführen."

Zum Vorwurf, er habe sich bei einem Casting für eine Vergewaltigungsszene übergriffig verhalten, hielt Pölsler fest: "Ich habe zu keiner Zeit alleine mit den Schauspielerinnen und dem Schauspieler gearbeitet", es seien immer mehrere Personen anwesend gewesen. "Ich sehe ein, dass es, nach den heutzutage geltenden Standards, falsch war, in dieses Casting persönlich einzugreifen, um dem männlichen Schauspieler zu zeigen, wie er die Brutalität, die diese Szene von den Darstellerinnen und dem Darsteller erfordert, gestalten muss." Das betreffende Casting habe vor mehr als sieben Jahren stattgefunden, "damals galten in der gesamten Filmbranche noch andere Usancen." Heute würde er "nach Kenntnis der geltenden Standards keine persönliche Demonstration mehr vornehmen, sondern der Casterin diese Aufgabe übertragen". Auch hier will Pölsler das Gespräch mit allen damals anwesenden Teilnehmern suchen.

"Ich möchte allgemein darauf hinweisen, dass sich in der Filmbranche die Standards seit dem Auftauchen der 'me Too' - Bewegung in den Vereinigten Staaten wesentlich geändert haben und ich diesen Veränderungen auch Rechnung trage", so der Regisseur, der darauf verwies, dass sich seine Arbeitsweise und Sensibilität diesbezüglich "laufend ändern" würden. Daher habe er auch ein Gespräch mit Meike Lauggas als Leiterin der "we do"-Plattform gesucht und geführt, und sie habe ihn auf die Veränderungen und die jetzt geltenden Regelungen hingewiesen.

Bei Dreharbeiten gebe es nunmehr sowohl interne als auch externe Vertrauenspersonen, an die sich Betroffene jederzeit wenden könnten. Pölsler habe sich auch dafür eingesetzt, eine Intimitätskoordinatorin (Intimacy Coordination) vor Ort zu haben. Solche Begleitmaßnahmen halte er "für hilfreich und notwendig, um auch nur den Anschein von Übergriffen jedweder Art zu verhindern, aber auch um etwaige Anschuldigungen abzuwenden". Castings mit Schauspielerinnen würden künftig nur mehr von seiner Casterin und seiner Assistentin vorgenommen werden, er selbst werde nur mehr Castings mit männlichen Schauspielern leiten. "Ich sehe mich als Teil dieser Branche im Wandel an und bin auch gerne bereit hier mitzuwirken, dass diese und alle Filmschaffenden keinen Schaden erleiden."

"Werde mich nicht so erniedrigen"

"Ich werde darüber nachdenken, aber ich werde mich nicht so erniedrigen wie Herr Pölsler", antwortete Paulus Manker am Abend als Studiogast im ORF-"Kulturmontag" auf die Frage, ob er künftig anders arbeiten werde. Vor allem "werde ich mir genau überlegen, wen ich künftig engagiere, damit mir das nicht später auf den Kopf fällt", so Manker. Denn die in der Doku geäußerten Vorwürfen eines rüden, bisweilen auch körperlich aggressiven Umgangs mit seinen Darstellern seien nie während der Arbeit erhoben und primär auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgebracht worden, die nur sehr kurz engagiert waren. Es gebe unzählige Menschen, die jahrelang gerne mit ihm zusammengearbeitet hätten und nicht zu Wort kämen. "Nur die Kritiker, Kleingeister und Blockwarte kommen zu Wort." Es handle sich um "Dinge, die meiner Überzeugung nach aus der Luft gegriffen" seien.

Er sei "bestürzt, wenn ich diese Dinge höre", so Manker im Gespräch mit Peter Schneeberger. Aber "ich höre von diesen Dingen das erste Mal. Das kommt aus heiterem Himmel." Dass es schon lange Vorwürfe gegen ihn gebe und auch eidesstattliche Erklärungen vorlägen, kommentierte Manker mit: "Nur, wenn es behauptet wird, muss es nicht stimmen." Er sei "seit ich diesen Beruf ausübe" auf Fairness bedacht gewesen und habe sich nach Vorstellungen mit heiklen Szenen danach jedes Mal bei der betreffenden Kollegin erkundigt, ob es Beanstandungen gebe. Auch gebe es in seinen Produktionen Vertrauenspersonen, an die man sich wenden könne. "Wir haben getan, was möglich war."

Meike Lauggas von der für den Film zuständigen, 2019 gegründeten Beratungsstelle #we do wies in der Sendung darauf hin, dass mittlerweile die Hälfte der bearbeiteten Fälle Beschwerden, die andere Hälfte aber Anfragen nach Präventionskonzepten seien: "Insofern hat sich schon viel verändert."

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