Neuer Salman Rushdie

Rushdies Märchen aus 1001 Nacht

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Salman Rushdie, nach wie vor mit der „Fatwa“ bedroht, schrieb neuen Roman.

Sein berühmtestes Buch sind die vor 27 Jahren erschienenen Satanischen Verse, für die ihn der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini am 14. Februar 1989, dem Valentinstag, mittels einer Fatwa zum Tode verurteilt hatte, weil der Roman Muslime beleidige. Nun hat der indisch-britische Autor Salman Rushdie, der neun Jahre lang unter dem Decknamen Joseph Anton, einer Kombination der Vornamen seiner Lieblingsschriftsteller Joseph Conrad und Anton Tschechow, und begleitet von einer bewaffneten Polizeieskorte, von einer geheimen Wohnung in die nächste zog, einen neuen Roman geschrieben.

Ritterschlag. Sieben Jahre nach seinem letzten belletristischen Werk Die bezaubernde Florentinerin und drei Jahre nach seiner Autobiografie Joseph Anton erscheint am Montag bei C. Bertelsmann Rushdies neuer Wurf Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte, in dem der 2007 von der Queen zum Ritter geschlagene Literaturstar ein Märchen erzählt und eine zeitlose Liebesgeschichte in einer Welt, in der die Unvernunft regiert.

Fundamentalisten 
haben das Sagen
Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte ergeben tausendundeine Nacht, und die beiden Protagonisten, denen wir begegnen, sind ein ungemein weiser Philosoph mit dem Namen Ibn Ruschd, „der Übersetzer des Aristoteles“, und Dunia, ein betörendes übernatürliches Wesen in Gestalt eines jüdischen Mädchens von 16 Lenzen mit mehreren Geheimnissen: Sie lebt an einem Ort, wo islamische Fundamentalisten das Sagen haben und Juden „nicht mehr sagen dürfen, dass sie Juden sind“, und sie ist eine Dschinnīya, die zu den „Schattenfrauen aus feuerlosem Rauch“ gehört.

Schlangen. In tausendundeiner Nacht bringt Dunia dreimal unzählige Kinder zur Welt, und weil die auch Dschinn sind, sausen sie auf fliegenden Teppichen in alle Himmelsrichtungen oder gleiten als Schlangen durch die Gegend. Dunia ist ungläubig, was noch gefährlicher ist, als jüdisch zu sein, und sagt zu den mannigfachen Erklärungen Ibn Ruschds, welch herrliche Dinge Gott vollbringen kann, „das ist dumm“. Auch ihre Kinder orientieren sich eher am Säkularen als am Göttlichen, was die Sache kompliziert, als die Dimensionen löchrig werden und die Dschinn – in unserer Zeit – aufgerufen sind, gegen die Kräfte des Bösen zu kämpfen, die sich bisher hinter der metaphorischen Wand (zwischen zwei Kulturen?) verborgen haben. Rushdie, der seinen neuen Roman auf der Frankfurter Buchmesse präsentieren wird, erzählt ein bisweilen raffiniert elegantes, bisweilen albernes Märchen für Erwachsene, faszinierend und voller Überraschungen, wunderbar und wunderlich.

Harte Haltung beim Kampf gegen IS
Dass die gegen ihn verhängte Fatwa jemals aufgehoben würde, glaubt Salman Rushdie nicht. „Die Wahrheit ist, der Tag wird nie kommen, an dem mir gesagt wird: Jetzt bist du wirklich sicher“, sagt er. Trotzdem fühle er sich in seinem Wohnort New York sicher: „Mein Leben ist normal, ganz normal. Ich fahre mit dem Taxi, ich gehe zum Baseball ins Yankee-Stadion. Seit 2002 habe ich keine Bewacher mehr.“

Terrormiliz. Die Terrormiliz Islamischer Staat bezeichnet er als „die schlimmste Bedrohung unserer Zeit“ und plädiert im Kampf gegen den IS für eine harte Haltung: „Wenn Sie versuchen, einen Schläger zu besänftigen, wird er Sie nicht weniger, sondern viel härter verprügeln. Die ­einzige wirksame Methode heißt: Konfrontiere ihn.“

E. Hirschmann-Altzinger

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