Die Luxusbranche erlebt die schwerste Krise seit Jahrzehnten. Auch bei den Reichen sitzt das Geld nicht mehr locker.
Jetzt hat die Rezession auch die sonst so krisenresistente Luxusindustrie erwischt. Selbst die Wohlhabenden und Reichen schauen angesichts der Flaute stärker aufs Geld und halten sich bei Luxusartikeln von Haute Couture über Edeluhren bis zu Schmuck zurück. Erste Häuser fahren ihre Produktion zurück und selbst Entlassungen sind in der erfolgsverwöhnten Branche kein Tabu mehr.
Schwerste Krise seit Jahrzehnten
"Die Krise ist für die
Branche die schwerste, die sie seit Jahrzehnten erlebt", sagt Annie
Girac, Beraterin des Kreditversicherers Euler Hermes. "Binnen eines
Jahres haben auch sehr solide Gruppen wie Richemont (Cartier, Montblanc)
oder die französische LVHM (Vuitton, Gucci) 40 Prozent ihres Börsenwertes
verloren", sagt ein Analyst einer Pariser Geschäftsbank. "Das
hat es noch nie gegeben." Seit Oktober gehe es dramatisch bergab.
Es geht bergab
So warnt der italienische Juwelier Bulgari vor
einem Gewinnrückgang und der US-Konkurrent Tiffany vor Entlassungen nach dem
Geschäftseinbruch im dritten Quartal. Der französische Mode- und
Parfüm-Hersteller Chanel ist bereits zur Tat geschritten: 200 Mitarbeiter
mit befristeten Verträgen müssen dort laut französischen Gewerkschaften
gehen. Besonders betroffen seien die Bereiche Parfüm, Kosmetika und
Leder-Accessoires, sagt der Manuel Blanco von der Gewerkschaft CGT. Ihm
zufolge erwartet Chanel dieses Jahr ein Nullwachstum.
Oligarchen shoppen nicht mehr
Auch das Weihnachtsgeschäft hat es
nicht herausgerissen. "Normalerweise touren derzeit die Ehefrauen der
russischen Oligarchen mit ihren Freundinnen durch die europäischen
Hauptstädte", sagte ein Vertreter einer bekannten Pariser Marke
diese Woche der Zeitung "Le Parisien". "Dieses Jahr haben sie
durch ihre Abwesenheit geglänzt."
2009 noch mehr Rückgang
Im nächsten Jahr dürfte es noch
schlimmer kommen. Die US-Bank JP Morgan rechnet damit, dass die Branche nach
Wachstumsraten von bisher über zehn Prozent 2009 mit einem Rückgang von vier
Prozent abschließen wird. Die Deutsche Bank geht für einzelne Bereiche gar
von einem Minus von zehn bis 15 Prozent aus.
Keine Vuitton-Boutique in Tokio
"Die Krise trifft nicht
alle Länder und alle Produkte auf dieselbe Weise", sagt
Branchenanalyst Emmanuel Bruley des Varannes von der französischen Bank
Société Générale. So sei der japanische Markt durch die Rezession besonders
stark betroffen. Dort fielen die Umsätze der Gucci-Mutter LVMH um sieben
Prozent in den ersten neun Monaten des Jahres. Auch Preissenkungen für die
wohlhabende Kundschaft konnten dies nicht aufhalten. Vor Weihnachten
begruben die Franzosen dann den Plan, in Tokio eine der größten
Vuitton-Boutiquen der Welt zu eröffnen.
Champagner-Rezession
Besonders stark litten auch die, meist in
der Schweiz ansässigen Edel-Uhrenhersteller, sagt Bruney des Varannes. So
seien die Uhrenausfuhren der Eidgenossen im November um mehr als 15 Prozent
eingebrochen. In den USA ist dem Show Business und den nun vielfach
gefeuerten Golden Boys aus den Finanzhäusern die Lust aufs Feiern offenbar
vergangenen: Frankreichs Ausfuhren von Champagner in die Vereinigten Staaten
stürzten zuletzt um 17 Prozent.
Preise senken schädigt das Image
Der auf edle Bestecke und
Tischdekoration spezialisierte Hersteller Christofle fährt unterdessen die
Produktion zurück, wie Marketing-Chef Julien Rousseau sagt. Auf die üblichen
Preiserhöhungen zu Jahresbeginn werde zudem verzichtet. Doch viel Spielraum
beim Preis hätten die Luxushäuser nicht, sagt Analyst Bruley des Varannes.
Wer Preise senke, komme schnell in den Verruf "billig" zu sein. "Das
könnte das Image beschädigen."
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