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Unter Londons Straßen wächst jetzt Gemüse

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Luftschutzbunker hat jetzt eine neue Bestimmung gefunden.

Es sind genau 179 Stufen bis hinab in den ehemaligen Luftschutzbunker nahe der U-Bahn-Station Clapham North im Londoner Süden. Nach Natur und Gewächsen sieht es 30 Meter unter der Erde nicht aus. Es ist dunkel, es riecht ein bisschen muffig. Die Temperatur wird auf 16 Grad gehalten - das ganze Jahr über. Im hinteren Teil einer der Röhren wachsen Kräuter und verschiedene Gemüsesorten in Hochbeeten.

Gemüse anbauen
Steven Dring und Richard Ballard, das sind die beiden Männer, die in einem alten Luftschutzbunker in großem Stil Gemüse für London anbauen wollen. Was als Schnapsidee begann, wird langsam konkret. "Das erste Mal haben wir darüber vor mehr als zwei Jahren im Pub bei einem Bier gesprochen", sagt Dring.

Das Geld für ihr ungewöhnliches Projekt wollen Ballard und Dring über eine sogenannte Crowdfunding-Kampagne einnehmen. Dabei sammeln sie Geld über das Internet. Für eine Überweisung von 50 Pfund (60 Euro) gibt es eine unterschriebene Danksagung von Dring und Ballard, für 250 Pfund eine Tunnelführung.

300.000 Britische Pfund (rund 365.000 Euro) brauchen sie, damit aus der kleinen Testplantage im hinteren Bereich eines der unterirdischen Gänge ein kleines Wirtschaftsunternehmen wird. Noch fehlen mehr als 250.000 Pfund.

Doch Ballard ist sich sicher, dass das nötige Geld noch zusammen kommt. Er ist täglich bis zu drei Stunden unter Tage und begutachtet die Test-Kresse und die kleinen Brokkoli-Triebe. Wenn es in die Produktion geht, sollen weitere Gemüsesorten dazukommen.

"Growing Underground"
Im März soll die Testphase abgeschlossen sein und die eigentliche Produktionsphase beginnen. Im Sommer wollen Ballard und Dring unter dem Namen "Growing Underground" dann zum ersten Mal ausliefern. 20 Arbeitsplätze sollen so entstehen. Dass die Verbraucher einen großen Bogen um die Kräuter aus dem Bunker machen könnten, glaubt Ballard nicht. "Unsere Produkte kommen ganz frisch gepflückt auf die Teller der Londoner."

Alles ganz sauber ohne Tageslicht also? Ratten und Mäusen ist es mehr als 30 Metern unter der Erde zu tief. "Die finden ihr Fressen besser auf der Straße", sagt Dring. Bevor die ersten Pflanzen im einstigen Luftschutzbunker keimten, wurden Testköder ausgelegt, nicht ein Nager habe sich blicken, sagt Dring. Die Energie für die LED-Lampen, die die Pflanzen bestrahlen, wird aus regenerativer Energie gewonnen. Chris Nelson, der sich seit Jahren mit Anbaukulturen beschäftigt, berät die beiden.

Unterstützung bekommen Dring und Ballard zudem von dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Koch Michel Roux. Er kennt das Areal. "Ich lebe in Clapham und wusste von den Tunnelanlagen, doch als ich das erste Mal hier unten war, war ich von der Größe der Anlage und den prächtigen Produkten, die dort unten wachsen, überwältigt", sagte Roux dem britischen Sender BBC.

Ballard und Dring sind zufällig auf den früheren Luftschutzbunker gestoßen, der mit einem "Zu Vermieten"-Schild angepriesen wurde. Ursprünglich hatten sie nach alten Lagerhallen gesucht.

Mit den Arbeiten an den Tunneln war im November 1940 begonnen worden, 1942 war die Anlage fertig. Sie sollte eigentlich als U-Bahn-Tunnel genutzt werden. Als die deutsche Wehrmacht London bombardierte, entschied sich die britische Regierung, einen Bunker einzurichten. Kojen, medizinische Ausrüstung und Küchen wurden in den Tunneln installiert. Etwa 8000 Londoner fanden dort Schutz.

Weil die Tunnel zu knapp bemessen waren, konnte die Londoner Transportgesellschaft TFL anders als geplant keine Züge durch die Tunnel schicken. Jahrzehntelang standen sie leer, bevor die urbanen Jung-Bauern den Mietvertrag unterschrieben.

Mehr Infos: www.zerocarbonfood.co.uk

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