Teuerung-Schock

Experten: Inflation wird noch länger bleiben

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Zinsen der EZB müssten bei vier statt bei zwei Prozent liegen, um die Inflation zu senken  

Die Inflation ist hier, um länger zu bleiben. Da sind sich Wifo und IHS einig. Die Politik der EZB ist zu zaghaft, um die Inflation einzudämmen und kann ohnehin nichts gegen importierte Teuerung tun. Der schwache Euro verschlimmert die Lage bei der Inflation zusätzlich - höhere Zinsen könnten da helfen. Da die Inflationsraten in den Euro-Ländern sehr unterschiedlich sind, gibt es inzwischen auch Sorgen um den Zusammenhalt der Eurozone und vor einer neuerlichen Schuldenkrise.

EZB zu zaghaft

"Die Politik der EZB ist sehr zaghaft", so IHS-Chef Klaus Neusser, am Donnerstag bei der Vorstellung der Sommerprognose. Die bisher von der EZB angestrebten zwei Prozent seien in den nächsten Jahren nicht zu erreichen. "Wir müssen froh sein, wenn wir auf vier Prozent kommen". So sieht das auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr: "Das Inflationsziel der EZB wird wohl noch jahrelang verfehlt", sagte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Die Leitzinsen und damit die Sparzinsen würden nur sehr zögerlich steigen, während die Kreditzinsen viel deutlicher und schneller in die Höhe gehen. Man müsse der EZB aber zugestehen, dass sie sich schwer tue - bei einer Inflation von 5,8 Prozent in Frankreich und 21 Prozent in Estland. "Man sieht, dass die Eurozone eben sehr weit weg von einem optimalen Währungsraum ist und eine einheitliche Geldpolitik bei diesen Unterschieden sehr, sehr schwierig ist", so der Wifo-Chef.

In der Wifo-Prognose heißt es, aus den Unterschieden "ergeben sich nicht nur bedeutende Inflationsrisiken für die einzelnen Länder, sondern auch Unsicherheiten in Bezug auf den Fortbestand der Währungsunion in ihrer derzeitigen Form". "Sorgen über den Weiterbestand der Eurozone machen nicht nur wir uns, das ist auch ein zentrales Thema für die EZB, die eine Krisensitzung einberufen musste", so Felbermayr dazu. Es werde intensiv darüber nachgedacht, was die EZB tun kann, um sicherzustellen, dass die Zinsabstände in der Eurozone nicht explodieren. Die gute Nachricht in dem Zusammenhang sei, dass die Notenbanker neben den Zinserhöhungen auch andere Instrumente zur Verfügung hätten, etwa das "Quantitative Easing", also den Ankauf von Anleihen. "Aber die Sorge einer Wiederkehr einer Euro-Schuldenkrise ist überall da" und das sei auch berechtigt, sagte Felbermayr.

Schwäche des EURO

Die Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar hat die Inflation doch spürbar erhöht, sagten Neusser und Felbermayr. Der Wifo-Chef rechnete vor, dass die Abwertung um 15 Prozent Erdöl in Euro um 15 Prozent verteuert habe - da Energie ein wichtiger Teil des VPI sei, "würden wir schon erhebliche Erleichterungen bekommen", wenn der Euro wieder auf das Niveau des Vorjahres stiege. Das könne "schnell einmal in Richtung von einem halben Prozentpunkt gehen". Das bedeute aber auch, dass eine straffe Geldpolitik der EZB über den Wechselkurs schneller die Inflation dämpfen könnte als über andere, klassischere Kanäle.

Dafür, dass die Preise noch länger hoch bleiben, gibt es zahlreiche Gründe. So ist ein guter Teil der Inflation noch nicht bei den Konsumenten angekommen - angesichts von Produzentenpreisen, die zuletzt um mehr als 20 Prozent gestiegen sind - in Deutschland sogar um 33 Prozent. Auch werden nun die Löhne ebenso nachziehen, wie beispielsweise die indizierten Mieten. Damit werde sich die importierte Inflation im Inland "einnisten", so Felbermayr. Letztlich werden sich auch die weitere Entwicklung des Ukraine-Kriegs oder der globalen Lieferketten auswirken.

Die Inflationsausgleichsmaßnahmen der Regierung dürften die Inflation um 0,3 oder 0,2 Prozentpunkte anheizen, so Wifo und IHS. "Das bedeutet aber nicht, dass man es nicht hätte machen sollen", sagt Felbermayr. Denn es gehe darum, die importierte Inflation für manche erträglicher zu machen.

Leisten kann sich der Staat diese Pakete jedenfalls - denn die Inflation werde die Steuerbasis heuer nominell um 40 Mrd. Euro erhöhen. Durch die Inflation dürfte auch die Staatsverschuldung um sechs bis sieben Prozent fallen, einfach weil die Basis, die nominelle Wirtschaftsleistung, so stark steigt.
 

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