Telefon-Überwachung rechtswidrig

Justiz-Skandal um Redaktionsgeheimnis

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Rechtsschutzbeauftragte übt scharfe Kritik an WKStA, Justizministerin Zadic muss Causa dringend aufklären. 

Seit dieser Woche steht es definitiv fest: Bei der geplanten Handyüberwachung bei der Mediengruppe ÖSTERREICH sowie bei Helmuth und Wolfgang Fellner ist erstmals in der Zweiten Republik das in der Verfassung festgeschriebene Redaktionsgeheimnis gebrochen worden. Der Beschluss dazu sei eindeutig „RECHTSWIDRIG“ erfolgt und absolut „UNZULÄSSIG“ gewesen.

Diese Feststellung trifft die Rechtsschutzbeauftragte der Justiz, Prof. Dr. Gabriele Aicher, in einer sehr umfangreichen und fundierten, 13-seitigen (!) Beschwerde gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Die – politisch zuletzt sehr umstrittene – WKStA hatte am 30. September 2021 bei einem Einzelrichter des Wiener Landesgerichts eine Überwachung der Handys von ÖSTERREICH, von Helmuth und Wolfgang Fellner beantragt, ohne die bei einem solchen Bruch des Redaktionsgeheimnisses zwingend erforderliche Genehmigung der Rechtsschutzbeauftragten des Obersten Gerichtshofs einzuholen. Der Einzelrichter hatte die Überwachung bereits am Folgetag ebenfalls rechtswidrig genehmigt.

Die Peilung der ÖSTERREICH-Handys sollte am 5. Oktober, 12 Uhr, beginnen, dann kam die WKStA drauf, dass ihr die Genehmigung der Rechtsschutzbeauftragten fehlte – und wollte sie um 13.30 Uhr nachträglich einholen. Doch diese Genehmigung wurde klar und eindeutig von der Rechtsschutzbeauftragten verweigert, wobei sie klarstellte, dass „bei Wolfgang und Helmuth Fellner jeder Hinweis auf einen dringenden Tatverdacht fehlt“.

Jetzt steht Justizministerin Alma Zadic vor einem schweren Problem: Wurde die ­Peilung der ÖSTERREICH-Handys auch nur 46 Minuten ohne Genehmigung der Rechtsschutzbeauftragten durchgeführt (siehe Story rechts), dann hat die Justizministerin den ersten Mega-Skandal in ihrem Ressort. Ein Bruch des in der Verfassung verankerten Redaktionsgeheimnisses wäre eine juristische „Todsünde“ mit schwerwiegenden Konsequenzen für alle Beteiligten - bis zu den Staatsanwälten und der Ministerin.

Deshalb betont die WKStA seit Tagen sogar in eigenen Presseaussendungen, die Anordnung zur Peilung der ÖSTERREICH-Handys sei „faktisch NOCH nicht effektuiert worden“, offenbar in der Hoffnung, dass ihre Anordnung an die Telefonbetreiber, mit dem Überwachen der ÖSTERREICH-Handys am 5. Oktober um 12 Uhr zu beginnen, nicht gesetzeskonform umgesetzt wurde.

Dem stehen allerdings mehrere Fakten gegenüber, die sehr wohl auf ein aktives Peilen und damit den Bruch des Redaktionsgeheimnisses schließen lassen:

  • Das Handy-Unternehmen „DREI“ hat an die WKStA bereits eine Rechnung mit Kosten für Überwachungsleistungen übermittelt.
  • Das Protokoll des Zeitablaufs zeigt: Die Peilung wird tatsächlich 46 Minuten gelaufen sein, ehe die Staatsanwälte die rechtswidrige Anordnung korrigiert haben.
  • Und: Die Ermittler des Innenministeriums haben sich gegenüber der Rechtsschutzbeauftragten geweigert, ihr die Daten der Überwachung zur Überprüfung auszuhändigen. Das lässt Böses vermuten.

Rechtsschutzbeauftragte: "Kein dringender Tatverdacht" 

Sogar die Leiterin der WKStA ­Ilse-Maria Vrabl-Sanda bestätigt den Rechtsbruch ihrer Behörde in einer Stellungnahme zur Vorlage an das Oberlandesgericht: „Aufgrund fehlender Ermächtigung der Rechtsschutzbeauftragten ist konkrete Maßnahme nicht rechtmäßig im Sinne des § 140 Abs 1 Z 2 StPO angeordnet und bewilligt. Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien ist daher rechtswidrig.“ Und: Die Beschwerde der Rechtsschutzbeauftragten sei daher „berechtigt“, schreibt die WKStA und beantragt nun sogar selbst die Feststellung der Rechtsverletzung durch das Oberlandesgericht!

„Die Causa stinkt zum Himmel“, sagt ein juristischer Insider. „Wenn hier tatsächlich versucht wurde oder sogar noch wird, den Bruch des Redaktionsgeheimnisses zu verschleiern, dann wird das ein Zadić-Watergate!“

Die Justizministerin galt bisher als glühende Verfechterin des Rechts auf das Redaktionsgeheimnis – jetzt muss sie die Causa dringend aufklären.

Auch zur Grundsatzfrage des Tatverdachts hat die Rechtsschutzbeauftragte ganz klare Worte gefunden: „Anhaltspunkte für einen dringenden Tatverdacht gegen die beiden Beschuldigten Wolfgang und Helmuth Fellner lassen sich insgesamt nicht finden“, schreibt sie in ihrer Beschwerde an die WKStA. Und ganz eindeutig: Der angebliche Tatplan „erwähnt lediglich Chat-Nachrichten, ohne tatbildmäßige Umstände auch nur anzusprechen.“

Zusammenfassend schreibt die höchste Juristin: „Ein dringender Tatverdacht lässt sich bei Helmuth und Wolfgang Fellner nicht einmal ansatzweise erschließen, wobei die Beweislage derartige Schlüsse auch nicht zu tragen vermögen.“ Die WKStA hat damit also den bisher schwersten Bruch des Redaktionsgeheimnisses in der 2. Republik begangen – und das, ohne dass es nach den Ausführungen der Rechtsschutzbeauftragten am Obersten Gerichtshof „einen dringenden Tatverdacht gegen ÖSTERREICH, Wolfgang und Helmuth Fellner“ gab. 

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