Der brisante Fall um drei verwahrloste Kinder geht weiter: Die einst angeklagte Mutter will 81.000 Euro Haftentschädigung.
Der Fall der drei verwahrlosten Mädchen sorgte im vergangenen Jahr für große Aufregung: Zunächst, weil die Mutter, Ingrid L. (54), beschuldigt wurde, ihre Töchter zuhause im Bezirk Urfahr-Umgebung jahrelang weggesperrt zu haben. Dann, weil das Urteil gegen die Frau (Einweisung in eine Anstalt) im Mai wegen Rechtsfehler und anderer Mängel aufgehoben wurde. Und zuletzt – ein Paukenschlag –, weil die Staatsanwaltschaft Klagenfurt daraufhin einen Rückzieher gemacht hat und die Anklage gegen die Erziehungsberechtigte völlig fallen ließ.
Entschädigung
Die Rechnung für die schlampige Arbeit der
Juristen in diesem Fall präsentiert ihnen nun der Anwalt der ehemals
verdächtigen Akademikerin, Helmut Blum: Er kündigte an, bei der
Finanzprokuratur eine Haftentschädigung zu beantragen. Im Klartext: Jurist
Blum (er ist zugleich Sachwalter von Ingrid L.) will Entschädigung von der
Republik. „Immerhin sieht sich meine Mandantin für zwei Jahre und drei
Monate ihrer Freiheit beraubt.“
Sprache verlernt
Der Hintergrund der Forderung: Seine Mandantin
saß 27 Monate in der geschlossenen Abteilung der Linzer
Wagner-Jauregg-Klinik ein. Der Grund dafür war, dass die 54-Jährige ihre
Töchter – heute 16, 19 und 22 Jahre alt – völlig von der Außenwelt
abgeschirmt haben soll. Die verängstigten Mädchen versteckten sich nach der
„Befreiung“ vor Fremden und sprachen teils in einer eigenen,
unverständlichen Sprache, berichteten Bekannte später. Die älteste Tochter
lebt nach wie vor in einem Therapiezentrum.
Mängel
Dennoch hob der Oberste Gerichtshof das
Einweisungs-Urteil vom November 2007 auf: Es wurde unter anderem kritisiert,
dass die ältesten Töchter nicht ausgesagt haben. Blum wirft den Behörden
wegen dieses OGH-Spruchs „gravierende Versäumnisse“ vor, es habe keinen
Grund für die verhängte U-Haft bzw. die Einweisung gegeben.
81.000 Euro
Der Advokat will nun alle Instanzen „bis nach
Straßburg“ durchlaufen, um für seine Mandantin geschätzte 100 Euro pro
Haft-Tag einzuklagen – hochgerechnet geht es also um rund 81.000 Euro. „Das
Geld würde ihr enorm helfen, derzeit lebt sie vom Unterhalt ihres Mannes“,
so der Jurist – der übrigens nach geltendem Recht als Sachwalter im Namen
seiner Mandantin über das Geld verfügen würde.