Nach sieben Jahren

Ende der Erhebungen gegen Kapruner Heizlüfterfirma

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Mangels hinreichenden Tatverdachts stellte die Staatsanwaltschaft Heilbronn die Ermittlungen ein.

Knapp sieben Jahre nach der Brandkatastrophe von Kaprun, bei der 155 Menschen ums Leben kamen, ist nun auch in Deutschland das strafrechtliche Verfahren eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn hat am Dienstag die Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der Heizlüfter-Firma Fakir aus Vaihingen/Enz wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die Gletscherbahnen Kaprun werteten die Entscheidung als "erwarteten Skandal".

Bei erstem Prozess alle freigesprochen
Beim ersten Strafverfahren hatte im Februar 2004 der Salzburger Einzelrichter Manfred Seiss nach 20-monatigem Prozess alle 16 Beschuldigten im Kaprun-Strafverfahren freigesprochen, weil ihnen kein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden konnte. Die Anzeige gegen Fakir brachten die Gletscherbahnen Kaprun bereits im Jänner 2004 ein. Ihr Vorwurf: Aus dem Gutachten des Gerichtssachverständigen Udo Geishofer im Kaprun-Strafverfahren habe sich ergeben, dass die Ursache des Unglücks ein Produktions-, Konstruktions- und Materialfehler des Heizlüfters gewesen sei. Auf dieses Gutachten berief sich Seiss in seinem Urteil.

Heizlüfter entsprach Stand der Technik
Die deutsche Justiz kam zu einem anderen Ergebnis: Ihren Ermittlungen nach entsprach das bis 1996 produzierte Heizlüftermodell "Hobby TLB" dem Stand der Technik. Der beauftragte Kunststoff-Sachverständige habe zudem festgestellt, dass keine Produktionsfehler erkennbar seien und die Geräte schwer entflammbar im Sinne der VDE-Richtlinien wären.

Schließlich wies die Anklagebehörde darauf hin, dass die Lüfter gar nicht in die Züge der Gletscherbahn eingebaut werden hätten dürfen. "Die Heizlüfter waren von der Firma Fakir zur Verwendung im Haushalt konstruiert, produziert und vertrieben worden. Nach der Gebrauchsanleitung durften sie nicht in Fahrzeugen betrieben werden", heißt es in der Begründung. "Der Betrieb in der Zuggarnitur entsprach auch nicht der üblichen Verwendung, weil das Gerät in eine Umgebung mit extremen Temperaturschwankungen und überdies in die Nähe der Hydraulikölleitungen eingebracht wurde."

Verfahren gegen Techniker
Das Verfahren hatte sich gegen vier "Fakir"-Mitarbeiter und einen Beschäftigten einer deutschen Kunststofftechnikfirma gerichtet. Für die Entscheidungsfindung wurde ein Ermittlungsbericht der Landespolizeidirektion Stuttgart herangezogen.

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Der Sprecher der Gletscherbahnen Kaprun, Harald Schiffl, ließ allerdings kein gutes Haar an den Erhebungen der deutschen Kripo und der Justizbehörden: Die Ermittlungsergebnisse würden sich auf ein Privatgutachten von Fakir und auf ein Gutachten von Anton Muhr stützen, der aus dem Kaprun-Strafprozess ausgeschieden wurde. Die Argumentation der Staatsanwaltschaft Heilbronn sei in zwei Instanzen in Österreich widerlegt worden, betonte Schiffl. "Es war zu erwarten, dass Heilbronn das Verfahren einstellt. Das wirkt jetzt so, als ob die deutsche Justiz einem deutschen Unternehmen nichts tun will - unglaublich. Im Urteil des Strafprozesses steht die Schuld des Heizlüfters eindeutig fest."

Anwalt der Opfer
An dem Urteil im Strafprozess könne nicht mehr gerüttelt werden, sagte der Wiener Opfer-Anwalt Johannes Stieldorf, der bei dem Unglück einen Sohn verloren hat. "Die Wiederaufnahme zum Nachteil eines Angeklagten ist bereits verjährt." Die Rechtsauffassung der deutschen Anklagebehörde "deckt sich mit unserer Position und mit unseren Zweifeln an den Sachverständigen im Strafprozess." Nun bestehe Hoffnung, dass die Beiträge für den Opfer-Fond, der von der österreichischen Vermittlungskommission ausbezahlt werden soll, erhöht werden. Ein Termin für die nächste Sitzung steht noch nicht fest.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg wollte sich am Dienstag zur Verfahrenseinstellung nicht äußern. "Wir behalten uns eine Stellungnahme vor", sagte Mediensprecher-Stellvertreter Thomas Wegleiter.

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