Kardinal Christoph Schönborn hat in seiner Silvesteransprache das Bemühen um Frieden in den Mittelpunkt gestellt - auch in Österreich.
Es sei keine Selbstverständlichkeit, in Frieden zu leben, betonte der Wiener Erzbischof am Sonntagabend im ORF-Fernsehen. Friede sei "harte Arbeit" und man müsse sich für ihn entscheiden - das gelte in der Familie genauso wie in Politik und Wirtschaft. Auch wies er auf die aktuellen Krisen hin, ebenso auf das kommende Superwahljahr 2024.
Österreich habe in seiner Geschichte noch nie eine so lange Zeit des Friedens erlebt, sagte der Kardinal. "Wenn man so lange in Frieden leben durfte, dann besteht die Gefahr, dass man sich daran gewöhnt" und vergesse, dass Friede auch "harte Arbeit" sei und erfordere, dass man sich immer wieder um ihn bemüht, so Schönborn.
"Wir haben in unseren Nachrichten vor allem mit Konflikten zu tun, mit Katastrophen", sagte der Kardinal. "Über den Frieden wird wenig geredet, weil er für selbstverständlich gehalten wird". Es gehe darum, sich die Frage zu stellen, was Frieden tatsächlich ausmache: "Ich möchte das sehr nüchtern und klar sagen. Friede ist harte Arbeit, Friede ist anstrengend". Das gelte es insbesondere im kommenden Wahljahr mit Europa- und Nationalratswahlen, aber auch angesichts "großer Herausforderungen" wie Klimawandel, Inflation oder Krisen in der Weltpolitik im Blick zu behalten.
Der Kardinal betonte, Friede müsse man "wollen", "man muss sich für ihn entscheiden". Dies gelte in der Familie genauso wie in Politik und Wirtschaft. Dazu bedürfe es "gewisser Tugenden": Als Beispiele nannte Schönborn, "den anderen nicht runterzumachen, sondern wertzuschätzen, auch wenn man verschiedener Ansicht ist. Das Gespräch suchen, das Gemeinsame über das Trennende stellen". All diese Dinge seien nicht selbstverständlich.
Der Wiener Erzbischof rief dazu auf, "in uns selber die Trägheit zu überwinden", die den Frieden so schwer mache. Das heiße, über den eigenen Egoismus und die eigenen Interessen hinaus zu handeln. Damit das gelinge, "seien drei kleine Worte" entscheidend: "Danke, Bitte, Verzeih". "Wenn wir alle diese Worte oft genug und ehrlich gebrauchen, dann tragen wir auch im kleinen Rahmen unseres Alltags sehr viel dazu bei, dass der Frieden erhalten bleibt", so der Kardinal. "Das wünsche ich Ihnen, das wünsche ich uns allen. Das wünsche ich auch der ganzen Welt."
Diözesanbischof Hermann Glettler ging bei der Jahresschlussandacht im Innsbrucker Dom lausdrücklich auf den "aktuellen Klimanotstand" ein und sagte: "Längst bräuchte es eine Bekehrung unserer Lebensstile und den politischen Mut zu Veränderungen, wenn wir die Erde nicht in eine finale Erschöpfung treiben wollen." Nachhaltig beeindruckt habe ihn ein Gespräch mit zwei Vertreterinnen der Letzten Generation. "Ihre Klarheit und Entschlossenheit, sich persönliche in die Waagschale zu werfen, gibt zu denken. Man muss sie nicht mögen, aber sie zu kriminalisieren ist der gefährliche Versuch, ihre prophetische Stimmen abzuwürgen - ohne das Problem anzugehen."