Justizvollzugsanstalt Graz

1. Gefangenenchor Österreichs gegründet

Teilen

Samt wissenschaftlicher Begleitung: Abbau von Barrieren und Aggressionen als Ziel.

Österreichs erster Gefangenenchor ist in der Justizvollzugsanstalt Klagenfurt aus der Taufe gehoben worden. Die Vorarbeiten liefen seit November 2010, seit März 2011 wird wöchentlich eine Stunde geprobt - samt wissenschaftlicher Begleitung. Acht Gefängnisinsassen bilden den Chor, derzeit wird für die Umrahmung einer Weihnachtsfeier geprobt, sagte JVA-Leiter Peter Bevc am Mittwoch.

Ziele
"Das erste Ziel, das wir bereits erreicht haben, war und ist der Abbau der Barrieren zwischen den Nationalitäten. Derzeit singen acht Häftlinge aus vier Nationen im Chor", so Bevc. "Die überraschenden und positiven Nebenwirkungen der Zusammenarbeit sind das gegenseitige Zuhören und die große Achtung, die sich die Sänger entgegenbringen - trotz anfänglicher Verunsicherung." Nun seien die Chormitglieder begeistert und Stolz auf die gemeinsamen Leistungen, wie etwa die Aufnahmen des ORF Kärnten, die kürzlich stattgefunden hatten. Markus Jastraunig leitete den Musical-Workshop, für die kommenden Proben übernimmt Edi Oraze die Leitung des Chors.

Da es immer wieder zu Entlassungen, Überstellungen und neuen Inhaftierungen kommt, waren insgesamt schon an die 30 Sänger im Chor. "Die Fluktuation machte uns anfangs Sorge, es hat sich aber gezeigt, dass ein neues Mitglied von den älteren voll mitgezogen und integriert wird", sagte Bevc. Jedenfalls steige der Selbstwert der singenden Häftlinge und durch das Erreichen von Zielen schöpften sie neue Hoffnung für ihre persönliche Zukunft. Die Kosten dafür würden übliche Ausgaben für sonstige Freizeitgestaltungen nicht übersteigen. "Der Chor gibt Spannkraft, baut aber Aggressionen ab", sagte Bevc.

Wissenschaftliche Untersuchung
Die ursprüngliche Idee kam von Wirtschaftspsychologin Linda Pelzmann von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Sie übernahm die wissenschaftliche Begleitung der Chorarbeiten bis zu den vergangenen Dreharbeiten. Im Gespräch betonte sie ihr Forschungsinteresse an der hohen Zahl von Schulabbrechern, die sich später im Gefängnis wiederfänden: "Da muss gehandelt werden. Denn Schulabbrecher haben in unserer Gesellschaft keine Chance, einen Lebensunterhalt legal zu verdienen", so Pelzmann. Ihr Bericht ist gerade in Arbeit und soll in Kürze fertiggestellt werden.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.