Rund 35.000 Menschen leiden in Tirol an behandlungsbedürftiger Depression. Doch nur zehn Prozent werden fachgerecht behandelt.
Rund 35.000 Menschen leiden in Tirol an behandlungsbedürftigen Depressionen. "Davon werden aber leider lediglich zehn Prozent der Betroffenen fachgerecht behandelt", erklärte Univ.-Prof. Ulrich Meise, Leiter des "Tiroler Bündnisses gegen Depression", am Montag in Innsbruck.
1.400 Suizidopfer
"Österreichweit sterben 1.400 Menschen (pro
Jahr, Anm.) durch Suizid. Wenn man nun davon ausgeht, dass 70 Prozent an
einer Depression litten, sterben mehr Menschen an den Folgen von
Depressionen als bei Autounfällen", argumentierte Meise.
Geringe Akzeptanz
Depressionen können sich hinter vielen Masken,
wie körperlichen Symptomen oder Alkoholmissbrauch verstecken. Deshalb sei es
nicht nur für die kontaktierten Ärzte, sondern auch für Betroffene und
Angehörige von großer Bedeutung, bei körperlich nicht erklärbaren Symptomen
- wie Schwächegefühl, Kopf- oder Rückenschmerzen, Unterleibsbeschwerden,
Druck auf der Brust oder Schwindelgefühlen - auch an die Möglichkeit einer
Depression zu denken, meinte Univ.-Prof. Eberhard A. Deisenhammer von der
Innsbrucker Universitätsklinik für Psychiatrie. Darüber hinaus stelle die
Stigmatisierung dieser Menschen nach wie vor ein Problem dar. Immer noch sei
diese Erkrankung allgemein nicht als solche anerkannt. Die Akzeptanz sei bei
sichtbaren Leiden wie einem Gipsfuß wesentlich höher als bei psychischen
Erkrankungen.
Unausreichende psychische Versorgung
"Viele Männer versuchen
Depressionen mit Alkoholkonsum zu unterdrücken. Auch Spielsucht oder erhöhte
Aggressivität können Folgen von unbehandelten Depressionen sein", erklärte
Deisenhammer. Die tiefgehende Verzweiflung einer Depression könne oft nicht
anders als durch Aggression ausgedrückt werden. Die psychiatrische
Versorgung sei in Tirol keineswegs ausreichend. Nach wie vor gebe es massive
Defizite im niedergelassenen Bereich. "Wir haben maximal 50 Prozent der
erforderlichen Ressourcen", hob Meise hervor.
"Depressionen werden 2010 weltweit die zweithäufigste Erkrankung nach Herz-Kreislauferkrankungen darstellen", erläuterte Meise. "Es ist davon auszugehen, dass 20 Prozent der Tiroler Bevölkerung im Laufe ihres Lebens zumindest eine depressive Phase durchmachen." Daher wollen wir die Öffentlichkeit sensibilisieren und die Erkrankten entstigmatisieren, sagte Meise.