Der Fall wurde am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht in Wien verhandelt.
Sieben Stunden brauchten die Geschworenen des Landesgerichtes in Krems, bis sie ihr Urteil Ende Februar fällten. 20 Jahre kassierte damals die 33-jährige Mutter aus dem Waldviertel, die ihren Sohn (12) in eine Hundebox gesperrt und monatelang fast zu Tode gequält hatte.
Ihre Komplizin (40), die ihr dabei geholfen haben soll, fasste in erster Instanz 14 Jahre aus. In beiden Fällen wurde eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum angeordnet.
Heute, Donnerstag, wurde der Hundebox-Fall vor dem Oberlandesgericht im Saal E erneut aufgerollt. Die 33-Jährige und ihre Komplizin hofften in der Berufungsverhandlung auf ein niedrigeres Strafmaß. Doch dieser Wunsch wurde vom Gericht abgeschmettert. Das Oberlandesgericht bestätigte in einem kurzen Verfahren das bisherige Strafmaß. Beide Urteile sind somit rechtskräftig.
"Leben fast zur Gänze zerstört"
Die hohen Strafen hatte das Erstgericht unter anderem damit begründet, die zwei Frauen hätten "mit ihren Handlungen ein Leben fast zerstört". Auf psychischer Ebene sei der mittlerweile 14 Jahre alte Bub "auf jeden Fall zur Gänze zerstört". Das bekräftigte nun ein Drei-Richterinnen-Senat am OLG. Die Vorsitzende Natalia Frohner sprach von "grässlichen" bzw. "schrecklichen Taten", für die es "exemplarische Strafen" brauche. Die Nachbarin bezeichnete Frohner als "hochmanipulativ". Sie habe aufgrund ihrer "sadistischen Persönlichkeitsstruktur" die mit paranoiden Zügen behaftete Mutter des Buben dazu gebracht, diesem Gewalt anzutun.
Astrid Wagner, die Verteidigerin der Mutter, und Daniel Strauss, der Rechtsvertreter der Nachbarin, bemühten sich im Justizpalast nach Kräften um eine Strafmilderung. Oberstaatsanwältin Katja Wallenschewski hatte dafür kein Verständnis. "Der einzige Grund, dass sie nur 20 Jahre und nicht lebenslang bekommen hat, ist der, dass das Kind überlebt hat", gab Wallenschewski zu bedenken. Dass der Bub gerettet werden konnte, sei "ganz knapp" gewesen: "Er hatte eine Körpertemperatur von 26,8 Grad, als er ins Spital gekommen ist." Von einer untergeordneten Tatbeteiligung der Nachbarin könne keine Rede sein, betonte die Oberstaatsanwältin: "Die war die ganze Zeit im Hintergrund manipulativ tätig."
Das hob dann auch Senatsvorsitzende Frohner in ihrer Urteilsbegründung hervor. Die Mutter sei unter der "massiven Einwirkung einer Dritten" gestanden, der 40 Jahre alten Nachbarin wurde die Anstiftung zu den gegenständlichen Taten ausdrücklich als Erschwerungsgrund angerechnet. "Der Schaden wird nie wieder gutzumachen sein", sagte Frohner.
Sowohl die Mutter als auch die Nachbarin nutzten die Berufungsverhandlung, um sich zumindest mit Worten beim Opfer zu entschuldigen. "Mir tut das wirklich sehr leid, was ich meinem Sohn angetan hab' und meinem Ex-Mann und meiner ganzen Familie. Es tut mir wirklich sehr leid", stellte die Mutter fest. "Ich möchte mich beim Opfer entschuldigen", bemerkte im Anschluss die Nachbarin.
Die Causa hatte über die niederösterreichischen Landesgrenzen hinweg für Aufsehen gesorgt. Die Mutter hatte ihren Sohn geschlagen, gefesselt, geknebelt und wiederholt über Stunden in eine Hundebox gepfercht. Im November 2022 befand sich das Kind einem Gutachten zufolge in einem akut lebensbedrohlichen Zustand. Der damals Zwölfjährige überlebte wegen des Einschreitens einer Sozialarbeiterin, die der Familie aufgrund einer Beratung bekannt war.
Die Staatsanwaltschaft Krems ermittelt zu diesem Fall weiter gegen zwei Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft (BH) Waidhofen a. d. Thaya. Untersuchungsgegenstand ist ein mögliches strafrechtlich relevantes Fehlverhalten von zwei Sozialarbeitern, einem Mann und einer Frau. Im Raum steht der Verdacht des Amtsmissbrauchs. Nach zwei Gefährdungsmeldungen hatte es seitens der Kinder- und Jugendhilfe am 28. Oktober und am 18. November 2022 - vier Tage, bevor der Bub ins Koma fiel - jeweils unangekündigte Hausbesuche bei der Mutter und ihrem Sohn gegeben. Zunächst waren beide Sozialarbeiter an Ort und Stelle, beim zweiten Termin erschien der federführende Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen a. d. Thaya den Aussagen zufolge allein. Geortet wurden von ihm zwar Auffälligkeiten, er sah aber keine Veranlassung für eine sogenannte Gefahr-im-Verzug-Maßnahme.
Aus Sicht der Kinder- und Jugendhilfe wurden alle rechtlichen und fachlichen Vorgaben eingehalten, wie eine interne Prüfung im Vorjahr ergab. Aufgrund weiterer im Gerichtsverfahren bekanntgewordener Details wurde seitens des Landes aber eine nochmalige Prüfung des Falls vorgenommen.