18 Jahre in Haft

Halbes Leben im Knast: Häftling (36) fleht um Freilassung

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Der Mann, der bereits die Hälfte seines Lebens im Gefängnis sitzt, hat vergeblich auf seine Entlassung aufgrund des Maßnahmevollzugsanpassungsgesetzes gehofft. 

Wien. Ein dramatischer Hilferuf aus dem Maßnahmenvollzug - die zeitlich unbefristete Unterbringung von gefährlichen Straftätern bzw. Tätern, die aufgrund mangelnder Schuldfähigkeit nicht verurteilt werden können - hat die Volksanwaltschaft erreicht. Ein 36-Jähriger befindet sich seit 18 Jahren im Maßnahmenvollzug und hat damit die Hälfte seines Lebens in Unfreiheit verbracht. Seine Hoffnungen, im Vorjahr entlassen zu werden, haben sich nicht erfüllt.

Der Mann hatte auf das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz gesetzt, mit dem per 1. September 2023 rund 50 im Maßnahmenvollzug befindliche Personen entlassen werden sollten, die als Jugendliche oder junge Erwachsene eingewiesen worden waren und die bereits 15 Jahre oder noch länger zwangsweise angehalten wurden bzw. werden. Denn nach Kritik von verschiedenen Seiten wurde das Jugendgerichtsgesetz nachgeschärft: Als zusätzliches Entlassungskriterium für Langzeituntergebrachte zog man verpflichtende Fallkonferenzen ein, von denen nun eine allfällige bedingte Entlassung abhängig gemacht wurde.

Fallkonferenz ohne Betroffenen selbst

Im Fall des 36-Jährigen fand eine solche Fallkonferenz Mitte November statt - allerdings ohne dass der Betroffene über diesen Termin informiert und miteinbezogen wurde, wie er in seinem Schreiben darlegt, das der APA und dem ORF vorliegt. Welches Ergebnis die Fallkonferenz erbracht hat, habe er "bis heute" nicht erfahren und "auf mehrmaliges Nachfragen keine Antwort bekommen", heißt es in dem mit 17. Jänner datierten Brief. Er "spüre, dass die Menschlichkeit mit Füßen getreten wird", führt der Untergebrachte aus: "Ich bin jetzt 36 Jahre alt und habe mehr Zeit im Gefängnis verbracht als in Freiheit. Die Hoffnungslosigkeit ist bei mir mittlerweile Alltag, auch muss ich mich damit anfreunden, dass ich nicht mehr lebend das Gefängnis verlassen werde."

Für die Volksanwaltschaft ist die Verzweiflung des Mannes nachvollziehbar. "Man hat den Menschen Hoffnungen gemacht. Und dann ist man gekommen und hat das Ganze wieder eingefangen und hat gesagt, 'ach, ist doch nichts gewesen, ihr bleibt's alle drinnen'", bemerkte dazu Peter Kastner, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter bei der Volksanwaltschaft, im Gespräch mit der APA und dem ORF. Man habe dadurch "in Erwartungshaltungen von Menschen eingegriffen".

Volksanwältin Gaby Schwarz (ÖVP) ist wenig zuversichtlich, dass Langzeitbetroffenen in dieser Legislaturperiode doch noch Perspektiven eröffnet werden, zeitnahe aus dem Maßnahmenvollzug zu kommen. Im Justizministerium sei im Moment "keine Bewegung, was den Maßnahmenvollzug betrifft" zu bemerken, konstatierte Schwarz.

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