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Schizophrenie-Medikamente nicht bekommen

Krankenschwester attackiert: Wiener randalierte auf Corona-Station

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26-Jähriger ging unter Einfluss der Krankheit brutal auf eine Krankenschwester los. Pfleger und Arzt konnten Mann gerade noch abhalten.

Weil er während seines Aufenthalts auf der Corona-Station eines Wiener Spitals die Medikamente gegen seine Schizophrenie nicht bekam, ist ein 26-jähriger Mann am 25. März bei einem Schub auf eine Schwester losgegangen. Der Wiener war zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig, ein Geschworenengericht musste am Dienstag über die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher entscheiden.

Wegen des Verdachts auf eine Infektion mit dem Coronavirus wurde der 26-Jährige am 24. März in das Wiener Wilhelminenspital eingeliefert. Seine Mutter - selbst Krankenschwester - rief den Notarzt, weil der junge Mann einen psychotischen Schub bekam, nachdem er eine Woche zuvor die Medikamente abgesetzt hatte. Aufgrund einer für die Krankheit typischen Katatonie, eine Art Krampfzustand der Muskulatur, begann er zu schwitzen und hoch zu fiebern. Da die Helfer am Anfang der Pandemie eher an eine Infektion mit SARS-CoV-2 dachten, kam der 26-Jährige nicht auf eine psychiatrische Station, sondern in Isolation einer Normalstation.

Medikamente gegen seine Schizophrenie bekam er weiterhin nicht. Dass er unter einer psychischen Erkrankung litt, konnte der 26-Jährige dann aufgrund seines schlechten Zustandes nicht mehr sagen. Laut der attackierten Schwester, die als Zeugin aussagte, war er "neurologisch unauffällig". 24 Stunden später wirkte der Mann bereits schlapp-apathisch, als die Schwester und ein Pfleger die Körperpflege durchführten. Laut dem psychiatrischen Gerichtsgutachter Peter Hofmann führt diese Katatonie zu lebensbedrohlichen Zuständen. Die Betroffenen bewegen sich nicht mehr, es komme zu hohem Fieber, die Elektrolyte können völlig entgleisen und das könne schlussendlich zu einem Herzstillstand führen, erklärte der Sachverständige.

Als die beiden Pflegekräfte mit dem Waschen und Umziehen fertig waren, wandte sich der 26-Jährige plötzlich zu der Schwester, davor hatte er Stunden kein Wort gesagt. "Ich hab' eher an eine Depression gedacht", sagte die Krankenschwester. Er meinte, er wolle ihr ein Geheimnis anvertrauen, der Pfleger dürfe dies jedoch nicht wissen. Da der Patient energielos und ängstlich wirkte, ging der Pfleger aus dem Zimmer, wartete jedoch zur Sicherheit vor der einen Spalt geöffneten Tür.

Schlagartig veränderte der Wiener sein Wesen, packte mit beiden Händen den Hals der Schwester und drückte heftig zu. Nur kurz schaffte es die Frau, sich aus dem massiven Griff zu lösen und kurz um Hilfe zu schreien. Das hörte der Pfleger, der wieder ins Zimmer rannte und sah, wie der Patient am Bett auf seiner Kollegin lag und sie würgte.

Der Krankenpfleger drückte den Notruf, rief laut um Hilfe und sprang von hinten auf den 26-Jährigen, um ihn von seiner Attacke abzubringen. Der 26-Jährige versuchte noch den Pfleger auf seinem Rücken loszuwerden, indem er ihn gegen einen Kasten knallte. "Ich hab mir gedacht, wenn mein Kollege das nicht schafft, dann verlier ich das Bewusstsein", sagte die 45-Jährige. Zwar lockerte der Patient nun seinen Griff, doch griff er gleich zu einem Buttermesser auf dem Frühstückstablett und stach mehrmals auf die Frau ein. Sie erlitt mehrere Stich- und Schnittverletzungen im Kopfbereich sowie am linken Unterarm. Ihr Kehlkopf wurde durch das heftige Würgen geprellt und sie erlitt eine stauungsbedingte Gesichtsschwellung im Bereich der Augenlider. Erst nach einer knappen Minute ließ er von der Frau ab. "Hätte ich nicht eingegriffen, wäre meine Kollegin bestimmt tot", sagte der Pfleger. Wäre der 26-Jährige zurechnungsfähig gewesen, wäre die Tat als versuchter Mord gewertet.

Laut dem psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann leidet der Mann unter einer undifferenzierten Schizophrenie mit paranoiden und katatonen Anteilen. Es ist davon auszugehen, dass der Wiener erneut strafbare Handlungen mit schweren Folgen wie schwere und absichtliche Körperverletzungen bis hin zu Tötungsdelikten begehen wird. Bei einem solchen Schub verlieren die Betroffenen "völlig die Kontrolle", das Ganze sei dann "unsteuerbar". Der 26-Jährige konnte sich an die Attacke nicht mehr erinnern. "Ich hätte die Medikamente nie absetzen dürfen", sagte er. Wegen der starken Gewichtszunahme habe er die notwendigen Arzneimittel nicht mehr genommen.

Er hätte nie jemanden verletzen wollen. Gutachter Hofmann rät, ihn zunächst in eine Anstalt einzuweisen. "Für eine bedingte Nachsicht der Maßnahme ist es noch zu früh." Der junge Mann habe allerdings gute Voraussetzungen dafür: Er ist eingebettet in eine intakte Familie, konsumiert keinen Alkohol und Drogen, hat eine gewisse Bereitschaft die Medikamente zu nehmen und es gab in letzter eine Besserung seines Zustandes.
 

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