Ludwig

"Konzept ist verfassungswidrig"

Rechtliche Bedenken: Ludwig sagt "Autofreie City" ab

Teilen

Seit Monaten wurde über eine ''autofreie Innenstadt'' diskutiert – jetzt gibt es die Absage vom Bürgermeister.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig erteilte der "Autofreien City" am Mittwoch eine Absage. Der Plan von Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) und Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) die Innenstadt stark vom Autoverkehr zu reduzieren sorgte seit Monaten für Diskussionen. Ludwig präsentierte heute eine rechtliche Einschätzung des Verfassungsdienstes der Stadt Wien, der auf die rechtlichen Folgen einer autofreien Innenstadt, nach dem derzeitigen Konzept, hinweist. Wegen dieser rechtlichen Bedenken, sagte Ludwig nun die "Autofreie City" ab.

Ludwig sei zwar für eine "Verkehrsberuhigung" in der Wiener Innenstadt, aber das aktuell vorgelegte Konzept für ein "Fahrverbot Innere Stadt" sei verfassungswidrig, schreibt Ludwig auf Twitter. 

 

 

oe24 liegt die Einschätzung des Verfassungsdienstes der Stadt Wien vor

  • "1. Die Verordnung ist kompetenzwidrig (verfassungswidrig) – sie hat keine passende gesetzliche Grundlage

Eine Verordnung braucht eine Grundlage in einem Gesetz. Das Gesetz bestimmt genau, zu welchem Zweck eine Verordnung erlassen werden darf.

Die Verordnung stützt sich auf die Straßenverkehrsordnung (§ 43 Abs. 1 lit. b StVO).

Die StVO dient der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs. Der Verkehr auf den Straßen darf nur zur Abwehr typischer, aus dem Verkehrsgeschehen resultierender Gefahren eingeschränkt werden.

Der vorliegende Verordnungsentwurf zielt aber nicht auf die Beseitigung einer Gefahr aus dem Verkehrsgeschehen ab, sondern auf den Klimaschutz und die Energieeffizienz. Damit ist die Verordnung verfassungswidrig (kompetenzwidrig). 

  • 2. Die Verordnung verstößt gegen das Sachlichkeitsprinzip (verfassungswidrig)

Um eine Regelung auf ein Gebiet zu beschränken, muss in diesem Gebiet eine Gefahrensituation vorliegen, die im gesamten betroffenen Gebiet gegeben ist, aber außerhalb dieses Gebietes nicht besteht. Es müsste somit im gesamten 1. Bezirk eine konkrete Gefahr vorliegen, die sich von anderen Bezirken wesentlich unterscheidet. Dies ist nicht der Fall.

Wird ein Gebiet ohne eine spezifische Gefahrensituation anders behandelt, ist das sachlich nicht gerechtfertigt und damit verfassungswidrig.

  • 3. Kundmachungsproblem

Aus der großen Anzahl an Ausnahmen ergibt sich ein Kundmachungsproblem, da nicht alle Ausnahmen entsprechend kundgemacht werden können.

  • 4. Datenschutzrechtliche Vorbehalte

Manche Ausnahmen basieren auf Nachweisen (etwa Auftragsbestätigungen). Derartige Dokumente beinhalten personenbezogene Daten. Die Verpflichtung zu deren Vorlage ist weder angemessen noch erforderlich.

  • 5. Unüberschaubare und sachlich nicht nachvollziehbare Ausnahmen – Ungleichbehandlung

Die Ausnahmen folgen keiner Systematik. Manche sind personen-, andere fahrzeugbezogen oder ortsbezogen (Heldenplatz).

Die Ausnahme des Heldenplatzes ist sachlich nicht begründet. Die mangelnde Zustimmung des Straßenerhalters (Burghauptmannschaft) ist nämlich keine sachliche Rechtfertigung für eine Ausnahme.

Ebenfalls ist es sachlich nicht gerechtfertigt, einerseits Fahrzeuge mit einer Bescheinigung des Bundesministeriums für Soziales und Behindertenwesen einfahren zu lassen, andererseits gebrechlichen Personen ohne diese Bescheinigung die Zufahrt zu verwehren. Auch der Umzug bzw. Transport schwerer und sperriger Güter ist nach der Verordnung nicht möglich.

Ein Arbeitnehmer darf mit dem eigenen PKW zufahren, wenn z.B. der Arbeitsbeginn außerhalb der Betriebszeiten der öffentlichen Verkehrsmittel liegt. Mit dem geborgten PKW der Eltern dagegen ist dies nicht möglich. (Ungleichbehandlung)

Bei der Abfahrt aus einer öffentlichen Garage muss stets der kürzeste Weg aus dem 1. Bezirk genommen werden. Wenn sich jemand verfährt und dadurch nicht den kürzesten Weg nimmt, wäre das strafbar. Das steht nicht mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im Einklang.

Letztlich fehlen Ausnahmen für Personen, die einen Stellplatz mieten bzw. im Eigentum haben (sofern es kein Pflichtstellplatz ist). Hier wird massiv in das Grundrecht auf Eigentum eingegriffen, da eine Zufahrtsbeschränkung im Ergebnis einer Enteignung gleich kommt.

  • 6. Fehlende Vollziehbarkeit (Kontrollmöglichkeit)

Richtigkeit (Inhalt) und Echtheit (Unterschrift) von Nachweisen, die zum Einfahren berechtigen (wie etwa Auftragsbestätigungen oder Ladelisten) können vor Ort in kurzer Zeit nicht geprüft werden. Ebensowenig, ob jemand tatsächlich für eine Ladetätigkeit einfährt oder ob das Einfahren zur Ausübung des Bewachungsgewerbes oder zur Paketzustellung unbedingt erforderlich ist."

Mehr dazu in Kürze ....

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten