Auch als Karikaturist ('Ironimus') bekannt - Verstarb am Sonntag in seiner Heimatstadt Wien.
Wien. Seine Bauten sind in Österreich bekannt, als "Ironimus" war aber noch breitenwirksamer erfolgreich: Der Architekt Gustav Peichl kommentierte als Karikaturist fast 70 Jahre lang vor allem das politische Geschehen. Mehr als 12.000 Karikaturen, 30 Bücher und 100 Ausstellungen umfasst sein umfangreiches Werk. Am vergangenen Sonntag verstarb der "zeichnende Journalist" im Alter von 91 Jahren.
Sein Markenzeichen war die runde Brille. Daran erkannte ihn jeder. Beim Zeichnen war es der feine, leicht zittrige Tuschestrich, ohne Kolorierung, ohne große Gesten, präzise auf die Pointe konzentriert. Für "Ironimus" gab es kein Tabu. Was er aber ausschloss, war das Ordinäre, nie ging er mit seinen Karikaturen unter die Gürtellinie. Sein Credo lautete: "Mit Humor etwas ausdrücken und versuchen, lustig zu sein, aber nicht geschmacklos."
"Zeichne, seit ich denken kann"
"Ich zeichne, seit ich denken kann", machte der am 18. März 1928 in Wien geborene Peichl einmal seine Obsession deutlich. Nur 20 Prozent seiner Zeit habe er aber mit Karikaturen verbracht. Er begann damit, um sein Architekturstudium zu finanzieren, zunächst als "Pei", ab 1949 unter dem Pseudonym "Ironimus". Das Pseudonym brauchte Peichl, um gegen eventuelle Repressalien der russischen Besatzungsmacht abgesichert zu sein. Im Laufe der Zeit wurde aus dem Hobby aber ein Zweitberuf.
Seine erste politische "Ironimus"-Karikatur erschien am 9. Oktober 1949 im "neuen Kurier", rund sieben Jahrzehnte lang begleitete er mit spitzer Zeichenfeder die Geschichte Österreichs und das Weltgeschehen so kontinuierlich wie kein anderer. Mit seinen politischen Zeichnungen in "Die Presse", in der "Süddeutschen Zeitung" und im "Express" wurde er höchst populär, mit vielen Sammelbänden, die heute zeitgeschichtliche Fundgruben sind, und legendären TV-Sendungen ("Die Karikatur der Woche", "Der Jahresrückblick in der Karikatur") auch selbst zum Medienstar.
Elf Bundeskanzler gezeichnet
Elf Bundeskanzler hat Peichl gezeichnet, einen liebte er besonders: Bundeskanzler Bruno Kreisky war ein "großartiges Opfer", für ihn hegte er - der als konservativ Eingestufte - tiefe Bewunderung. "Wenn die politische Karikatur noch nicht erfunden wäre, für ihn müsste man sie erfinden", sagte Peichl alias "Ironimus" einst und wusste auch zahlreiche Anekdoten über den "Ausnahmekanzler" zu berichten: "Einmal rief er mich an und sagte mit ironischem Unterton: 'Wie Sie mich heute wieder gezeichnet haben, die Nase, die geschlossenen Augen, die Haare, wirklich großartig.' Dann nach einer Pause: 'In der Sache aber grundfalsch.' Das war Kreisky." Er sei dankbar gewesen für jede Karikatur. "Egal, ob sie gut oder schlecht war. Er wusste mit seiner Intelligenz, dass sie ihm nützt", so Peichl.
Kreiskys Nachfolger Fred Sinowatz zählte ebenfalls wie auch der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl zu seinen Lieblingen. "Sinowatz war zwar kein guter Politiker, aber ein interessanter Mann und sehr gebildet", urteilte Peichl. Mit ihm wurde Peichl immer wieder verwechselt. Einmal im ORF-Landesstudio seien sie nebeneinandergestanden und hätten Autogramme gegeben. Peichl kritzelte "Sinowatz" und Sinowatz schrieb "Ironimus", so die Erzählung Peichls. Für den "Meilenstein der österreichischen Karikatur", wie ihn Kollege Gerhard Haderer titulierte, war ein guter Politiker einer, "der ein Gesicht hat". "Dem (Helmut, Anm.) Zilk etwa ist die Dynamik geradezu aus den Augen herausgeschossen. Eine Meisterin der Damenklasse war die Hertha Firnberg."