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Unsere Tiere

Die Situation der Amphibien sei besorgniserregend

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Ein Amphibientunnel in Neuwaldegg könnte die Wienerwald-Population nachhaltig schützen 

Den 65 ehrenamtlichen Helfer:innen, die heuer 10 Wochen lang in über 800 Stunden mit viel Einsatz und großer Leidenschaft am Amphibienschutzprojekt Hanslteich des VGT mitgewirkt haben, steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Am Zaun in Neuwaldegg, der von der Stadt Wien – Umweltschutz aufgestellt und durch den VGT betreut wird, wurden heuer nur noch die Hälfte der Tiere wie in den vergangenen Jahren gezählt. Eine mehr als besorgniserregende Entwicklung, die auch Biolog:innen vor ein Rätsel stellt. Mögliche Ursachen könnten eine zeitliche Verschiebung der Wanderung um mehr als einen Monat sein (bereits im Februar war es heuer so warm wie noch nie zuvor), aber auch durch den Klimawandel begünstigte Krankheiten oder andere Faktoren, die mit der Entwicklung der Tiere zusammenhängen, sind nicht auszuschließen. Die milden Winter setzen den Tieren zusätzlich zu, weil sie ihre Kraftreserven, die sie für die Laichwanderung benötigen, aufbrauchen und tödliche Pilzerkrankungen laufend zunehmen.

Heidi Lacroix fordert Tunnelleitsystem für Amphibienschutz 

Projektleiterin Mag. Heidi Lacroix ist zufrieden über den erfolgreichen Abschluss der Saison, aber bestürzt über den Rückgang der Individuen: „Wir haben heuer wieder unser Bestes gegeben, um wirklich jedes einzelne Tier vor dem Überfahren zu retten. Gegen den zunehmenden Lebensraumverlust und die Auswirkungen des Klimawandels auf die ohnehin gefährdeten Tiere sind wir aber machtlos. Ich wünsche mir von der Stadt Wien eine rasche Lösung für die Neuwaldegger Straße, denn nur ein fixes Tunnelleitsystem kann die Amphibien des Wienerwalds vor dem Aussterben retten.“

Erfolgreiche Amphibienrettung 

Insgesamt wurden heuer 561 Amphibien vor dem Tod auf der Straße bewahrt. (In den vergangenen Jahren waren es im Mittel deutlich mehr, nämlich über 1.200 Tiere.) Unter den geretteten Tieren waren 405 Erdkröten, davon 67 weiblich, 52 Springfrösche, 34 Grasfrösche, 4 Laubfrösche, 53 Feuersalamander, 3 Teichmolche, 7 Bergmolche und 3 extrem seltene Alpenkammmolche.

Amphibienschutz in Österreich: Freiwillige im Einsatz für zeitgerechte Schutzmaßnahmen 

Bei der saisonalen Wanderung der Amphibien im Frühling werden Jahr um Jahr tausende Kröten und Frösche auf österreichischen Straßen getötet. Um die Gefahr von Straßen für Amphibien während ihrer saisonalen Wanderung abzuschwächen, werden in Österreich neben permanenten Einrichtungen (sog. Amphibientunnel) vor allem temporäre Schutzmaßnahmen eingesetzt. Dazu werden meist von Freiwilligen Schutzzäune entlang von besonders gefährdeten Straßenabschnitten aufgestellt und jeden Tag kontrolliert, ob sich Tiere vor Ort befinden. Jedes Tier wird händisch über die Straße getragen und dort wieder freigelassen. Die Herausforderung: die Amphibienwanderung startet jedes Jahr zu unterschiedlichen Zeitpunkten (der Start variiert z.B. je nach Temperatur) und die Zäune müssen rechtzeitig vor Beginn der Wanderung stehen. Startet die Amphibienwanderung später als erwartet bedeutet das viele zusätzliche Arbeitsstunden für die Freiwilligen. Startet die Wanderung früher als erwartet bedeutet das mehr überfahrene Amphibien.

Vergleich der zeitlichen Auftreten von Amphibienwanderung und Pflanzenphänomenen in Österreich 

Mit Pflanzen hat die Amphibienwanderung auf den ersten Blick nichts zu tun, aber: es wird angenommen, dass die Amphibienwanderung genauso wie die Blüte und Blattentfaltung von Pflanzen in Österreich vor allem durch Temperatur und Tageslänge beeinflusst wird. Ein Forscher*innenteam bestehend aus Personen des Instituts für Zoologie der Universität für Bodenkultur Wien, der ZAMG, des Naturschutzbund Österreich und des Naturhistorischen Museums Wien hat deshalb das zeitliche Auftreten der Amphibienwanderung von Grasfrosch und Erdkröte und die Blüte und Blattentfaltung von sieben Pflanzenarten mit Hilfe von insgesamt 11 569 Beobachtungen aus über 18 Jahren (2000-2018) aus ihren vier Citizen Science Projekten verglichen.

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 20.05.2024, hier in voller Länge sehen.

Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 26.05.2024, 18:30 Uhr   

Marillen- und Salweidenblüte haben sich als besonders geeignet für eine Vorhersage der Wanderung des Grasfroschs herausgestellt – mit einem Vorhersagemodell können Schätzungen für den Beginn der Wanderung des Grasfroschs abgeleitet werden. Eine frühe Blüte bedeutet vereinfacht gesagt eine frühe Amphibienwanderung, eine späte Blüte eine späte Amphibienwanderung. Die Marille blühte in den analysierten Jahren meist fast zeitgleich zur ersten registrierten Amphibienwanderung, die Salweide etwa 20 Tage davor.

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