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Unsere Tiere

Wildtiere im Winter – Überleben zwischen Stille und Frost

Wenn sich der Herbst verabschiedet, die Nächte länger werden und das Licht sich golden über Felder legt, beginnt für die Wildtiere eine Zeit, in der es ums Ganze geht. Der Winter ist keine romantische Jahreszeit, sondern eine Herausforderung.  

Für viele Tiere bedeutet er Hunger, Kälte und die ständige Gratwanderung zwischen Energie sparen und aufmerksam bleiben. Und doch ist er auch ein Wunder – ein Beweis, wie perfekt die Natur aufeinander abgestimmt ist.

Drei Wege durch den Winter

Die Strategien, mit denen Tiere die kalte Jahreszeit überstehen, sind so unterschiedlich wie genial. Einige ziehen sich vollkommen zurück. Igel, Murmeltiere, Fledermäuse oder Siebenschläfer versinken in einen tiefen Winterschlaf. Ihr Herz schlägt nur noch wenige Male pro Minute, die Körpertemperatur fällt drastisch ab, und sie verbrennen ihre mühsam aufgebauten Fettreserven. Wochen- oder gar monatelang bleiben sie in sicherer Dunkelheit – in Erdhöhlen, Laubhaufen oder auf Dachböden.

Andere Arten halten Winterruhe. Dachse, Eichhörnchen oder Bären schlafen nicht so tief, wachen immer wieder auf, um zu fressen oder ihre Vorräte zu prüfen. Und dann gibt es jene, die gar nicht ruhen können: Rehe, Hirsche, Füchse oder Wölfe. Sie trotzen der Kälte mit einem dichteren Fell, einer langsameren Verdauung und einem Energiesparmodus, der selbst in den kältesten Nächten das Überleben sichert.

Selbst unter der Eisdecke der Seen geht das Leben weiter. Fische ziehen sich in tiefere Wasserschichten zurück, wo das Wasser nie vollständig gefriert. Sie bewegen sich kaum, ihr Herz schlägt langsam, der Stoffwechsel läuft auf Sparflamme. Amphibien und Insekten fallen in eine Kältestarre, überleben in Spalten, im Erdreich oder unter Laub, bis der Frühling sie wieder weckt.

Wenn Ruhe über Leben entscheidet

Für viele Tiere ist der Winter vor allem ein Kampf um Ruhe. Jedes Aufschrecken, jede Flucht kostet Energie, die sie kaum ersetzen können. Ein Reh, das aufgeschreckt davonrennt, verbraucht in wenigen Minuten so viele Kalorien, wie es an einem ganzen Tag über Zweige und Rinde aufnehmen kann. Wird ein Igel zu früh aus dem Winterschlaf geweckt, kann das tödlich enden – er verliert kostbare Fettreserven, bevor wieder ausreichend Nahrung zu finden ist.
Auch Fledermäuse, die in alten Kellern oder Stollen überwintern, reagieren empfindlich auf Lärm, Licht oder Erschütterungen. Schon ein einziges Aufwachen kann mehrere Wochen Lebensenergie kosten. Der WWF weist immer wieder darauf hin: Selbst kleinste Störungen können in dieser Zeit lebensgefährlich sein.

Unsere Verantwortung in der kalten Jahreszeit 

Rücksicht ist im Winter die wichtigste Form des Tierschutzes. Wer in der Natur unterwegs ist, sollte auf markierten Wegen bleiben und Wildruhezonen respektieren. Skitourengeherinnen, Schneeschuhwanderer und Hundebesitzer sind besonders gefordert: Ein Hund, der spielerisch ein Reh aufscheucht, kann unbeabsichtigt großen Schaden anrichten.

Auch vermeintliche Hilfe kann gefährlich sein. Ein Igel, der tagsüber im Winter unterwegs ist, braucht tatsächlich Unterstützung – doch die meisten Tiere überstehen die Kälte ohne menschliches Eingreifen besser, wenn man sie in Ruhe lässt. Nur Fachleute in Wildtierstationen sollten entscheiden, wann Eingreifen sinnvoll ist.

Wer helfen möchte, kann das auf einfache Weise tun: Laubhaufen im Garten liegen lassen, Totholz nicht entfernen, Beete nicht zu gründlich räumen – das sind wertvolle Winterquartiere für Insekten, Igel oder Amphibien. Vogelfutter darf angeboten werden, aber bitte hochwertig und regelmäßig gereinigt, damit keine Krankheiten entstehen.

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 02.11.2025, hier in voller Länge sehen. Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 09.11.2025, 18:30 Uhr  

Wenn der Winter aus dem Takt gerät

Doch selbst die besten Überlebensstrategien geraten ins Wanken. Der Klimawandel verändert die Jahreszeiten: milde Winter, plötzliche Kälteeinbrüche, frühes Tauwetter. Tiere, die in ihrem Rhythmus von Kälte und Nahrungssignal gesteuert werden, wachen zu früh auf oder finden zu spät zurück in den Schlaf. In der Arktis verlieren Eisbären durch das schmelzende Meereis ihre Jagdgründe. Sie müssen immer längere Strecken schwimmen, verlieren Gewicht und kommen den Menschen gefährlich nahe, weil sie an Land nach Nahrung suchen.

Auch hier zeigt sich, wie eng alles miteinander verknüpft ist: Wenn das Klima kippt, geraten selbst jahrtausendealte Überlebensmuster ins Wanken.

Eine stille Lektion der Natur

Der Winter lehrt uns Demut. Er zeigt, dass Leben nicht laut sein muss, um stark zu sein. Dass Stille eine Überlebensstrategie ist – und dass auch wir Menschen lernen müssen, manchmal einfach stillzuhalten. Wenn wir Rücksicht nehmen, die Natur nicht unnötig aufscheuchen und ihr den Raum lassen, den sie braucht, dann ist das der wirkungsvollste Beitrag zum Schutz der Wildtiere.

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