Überraschende Wachablöse nach Partei-Revolte in australischer Labor-Partei.
Die bisherige Vize-Regierungschefin Australiens, Julia Gillard, ist am Donnerstag als neue Premierministerin vereidigt worden. Sie werde ihrem Land und den Menschen im Amt als Regierungschefin dienen, sagte Gillard bei der feierlichen Zeremonie nur wenige Stunden nach dem Rücktritt von Regierungschef Kevin Rudd. "Ich fühle mich sehr geehrt", sagte die 48-Jährige beim Verlassen des Parlaments vor Journalisten. Sie ist die erste Frau an der Spitze der australischen Regierung.
Gillard kündigte zudem Wahlen "in den kommenden Monaten" an. Sie sei "nicht vom australischen Volk gewählt" worden. Dazu sei ein Wahlgang nötig, "damit die Australier ihr Recht wahrnehmen können, ihre Premierministerin zu wählen", sagte Gillard. Rudd, der erst seit drei Jahren im Amt war, hatte den Vorsitz der Labor Party (ALP) niedergelegt und kam damit einem Putsch in den eigenen Reihen zuvor. Rudds war mit Rekordumfragewerten gestartet, als er 2007 ins Amt kam. Doch in den vergangenen Wochen regierte er zusehends glücklos. Vor allem wegen einer umstrittenen Bergbausteuer und seiner Klimapolitik verlor er dramatisch an Zustimmung.
Nach der Revolte
In Australien steht nach einer parteiinternen
Revolte gegen Premierminister Kevin Rudd völlig unerwartet erstmals eine
Frau an der Regierungsspitze. Die Labor-Partei bestimmte Rudds
Stellvertreterin Julia Gillard am Donnerstag einstimmig zur neuen
Parteichefin. Sie übernahm damit automatisch auch das Regierungsamt. Die
48-jährige Gillard soll Labor nach nur drei Jahren im Amt bei den Wahlen in
diesem Jahr vor einer drohenden Niederlage retten.
Die ledige Juristin kommt vom linken Flügel der Partei und war lange in der Gewerkschaftsbewegung aktiv. Sie war in der Rudd-Regierung unter anderem für Bildung und Arbeit zuständig und hat sich erfolgreich für eine Bildungsreform und faire Löhne eingesetzt. Gillard wurde in Großbritannien geboren. Die Familie wanderte nach Australien aus, bevor sie in die Schule kam.
Rudd verlor massiv
Rudd (52) verlor in den vergangenen Monaten
massiv in Umfragen. Ihm wird unter anderem zu Last gelegt, dass er sein
Wahlversprechen nicht einlöste, zum Klimaschutz einen Handel mit
CO2-Zertifikaten einzuführen. In den vergangenen Wochen stieß er mit der
geplanten Supersteuer auf Profite der Bergbau-Industrie auf heftigen
Widerstand. Die Branche hat massiv dagegen protestiert, Investitionen im
Milliardenumfang infrage gestellt und vor enormen Arbeitsplatzverlusten
gewarnt.
Ex-Diplomat Rudd hatte mit seinem Wahlsieg 2007 die Ära John Howard beendet. Sein konservativer Vorgänger war elf Jahre im Amt gewesen. Nach einem überzeugenden Wahlsieg galt Rudd zunächst auf Jahre hinaus als unschlagbar. Der Mann, der fließend chinesisch spricht, war zu Beginn seiner Amtszeit höchst populär. In diesem Jahr wendete sich das Blatt. Rudd ist damit der am kürzesten regierende Regierungschef Australiens seit 1972.
Gillard hatte bis zuletzt loyal zu Rudd gestanden. Erst als sich am Mittwoch das Ausmaß der Unzufriedenheit mit Rudd abzeichnete, ließ sie sich aufstellen. Immer mehr Abgeordnete verweigerten dem Premier die Gefolgschaft, am Donnerstag auch Finanzminister Wayne Swan. Rudd gab noch vor der Abstimmung auf, als sich abzeichnete, dass er keine Chance hatte. Rudd wollte am Donnerstag eigentlich zum G20-Gipfel nach Kanada aufbrechen. Unklar war zunächst, ob Gillard diese Reise nun antritt.