Der gebürtige Bayer starb am Samstag im Alter von 95 Jahren im Vatikan, wie der Heilige Stuhl bekanntgab. Benedikt war von 2005 bis zu seinem Rücktritt 2013 Oberhaupt der katholischen Kirche.
Vatikanstadt. Papst Franziskus bezeichnete ihn als Heiligen, für einen seiner engsten Vertrauten, Kardinal Christoph Schönborn, war er ein "Geschenk für die Kirche": Der am heutigen Samstag verstorbene Ex-Papst Benedikt XVI. wird verehrt und kritisiert.
Der am 16. April 1927 im oberbayrischen Martkl am Inn nahe der Grenze zu Österreich geborene Joseph Ratzinger war schon immer eine kontroverse Persönlichkeit. Sein Vater war Gendarmeriemeister, seine Mutter Köchin. Kindheit und Jugend verbrachte er hauptsächlich in Traunstein. 1943 wurde Joseph Ratzinger als Luftwaffenhelfer eingezogen, dann zum Reichsarbeitsdienst zur Errichtung des Südostwalls verpflichtet.
Als Seminarist des damals in Traunstein beheimateten diözesanen Knabenseminars machte er 1946 die Matura. Danach absolvierte er das Theologie- und Philosophiestudium in Freising und München. Gemeinsam mit seinem Bruder Georg empfing er am 29. Juni 1951 in Freising die Priesterweihe. 1959 wurde er an die Universität Bonn berufen, 1963 nach Münster. Papst Paul VI. ernannte Ratzinger am 25. März 1977 zum Erzbischof von München und Freising. Drei Monate später erhielt der erst 50-Jährige die Kardinalswürde.
Erster deutschsprachige Papst seit fast 500 Jahren
Im November 1981 berief Johannes Paul II. Kardinal Ratzinger zum Präfekten der Glaubenskongregation und damit zum höchsten Glaubenshüter. Dieses Amt übte er bis zu seiner Wahl zum Papst 2005 aus. Er war der erste deutschsprachige Papst seit fast 500 Jahren.
Anders als beim polnischen Vorgänger Johannes Paul II. 1978 und dem argentinischen Nachfolger Franziskus 2013 war der Ausgang des Konklaves von 2005 keine ganz große Überraschung. Kardinal Ratzinger galt als Favorit für das Papstamt. Bereits im vierten Wahlgang wählten die 115 Kardinäle am 19. April 2005 den langjährigen Präfekten der Glaubenskongregation an die Spitze der katholischen Weltkirche.
Dreibändiges Buch "Jesus von Nazareth"
Zum theologischen Vermächtnis Benedikts XVI. gehört sein dreibändiges Buch "Jesus von Nazareth", das er großteils während seiner Zeit als Papst verfasste. Mit vielen Ansprachen, Dokumenten und auch bei Reisen förderte er Ökumene und interreligiösen Dialog - mit Erfolgen wie auch Rückschlägen. Seine "Regensburger Rede" mit einem mohammedkritischen Zitat eines byzantinischen Kaisers löste in der islamischen Welt Aufruhr und Gewalt aus.
Zudem verärgerte er mit seinem gut gemeinten Entgegenkommen für die lefebvrianische Piusbruderschaft jüdische Gesprächspartner, weil einer von deren Bischöfen - der später von der Piusbruderschaft ausgeschlossene Brite Richard Williamson - den Holocaust leugnete. In beiden Konflikten konnte Benedikt XVI. letztlich wieder zu Bereinigung und Beruhigung beitragen.
Zudem leitete er im Vatikan wichtige Reformen ein: Er führte die Vatikanbank IOR aus der Skandalzone und unterwarf seine Wirtschafts-und Finanzbereiche internationalen Kontrollmechanismen. Vor allem aber intensivierte er seinen schon als Kardinal geführten Kampf gegen die Missbrauchsskandale in der Kirche, bemühte sich um Prävention und Hilfen für die Opfer.
Seine Reformbemühungen belasteten seine Gesundheit. Benedikt XVI. zog daraus bahnbrechende Konsequenzen: Als er sah, dass seine Kräfte nicht mehr reichten, legte er - als erster Papst seit 719 Jahren - sein Amt nieder. Anders als seine Wahl 15 Jahre zuvor war dieser Schritt vom 1. März 2013 eine Sensation.
Benedikt lebte im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan
Nach der Wahl seines Nachfolgers Franziskus wurde es ruhiger um Benedikt, der seither im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan lebte. Lediglich in einigen Fällen kam es erneut zu Diskussionen um ihn, wie bei der Veröffentlichung seiner Biografie "Benedikt XVI. - Ein Leben", in der er sich deutlich von Ehen zwischen Homosexuellen distanzierte.
Wenn es nach dem Vatikan geht, hat sich Benedikt XVI. in der Kirchengeschichte einen Platz als entschiedener Aufklärer des sexuellen Kindesmissbrauchs gesichert. Dieses Bild wurde durch das im vergangenen Jänner veröffentlichte Münchner Missbrauchsgutachten erschüttert.
Nachdem der emeritierte Papst in einer Stellungnahme zu dem Gutachten falsche Angaben machte, wurde die Kritik umso schärfer. Was für viele wie eine bewusste Falschdarstellung zum Selbstschutz wirkte, erklärten Benedikt und seine Berater zu einem erklärbaren Fehler - um in Person seines Privatsekretärs Georg Gänswein dann nachzulegen, es laufe in Deutschland einmal mehr eine Kampagne gegen Benedikt. Ratzinger verfasste am Ende einen Brief, in dem er die Opfer sexuellen Missbrauchs um Entschuldigung bat. Konkrete Vertuschungsvorwürfe gegen sich wies er aber entschieden zurück.
Am Samstag gab der Heilige Stuhl bekannt, der emeritierte Papst sei im Alter von 95 Jahren im Vatikan gestorben. "Mit Trauer teile ich mit, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. heute um 9.34 Uhr im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan verstorben ist", erklärte der vatikanische Pressesprecher Matteo Bruni. Sein Zustand hatte sich in den letzten Tagen verschlechtert und war zuletzt als "stabil" bezeichnet worden. Bereits vor Weihnachten hatte Ratzinger über "Atemprobleme" geklagt.