Lombardei/Venetien

Bürger stimmen klar für mehr Autonomie

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Lega Nord feiert Erfolge in den beiden norditalienischen Regionen.

Der Wind verstärkter Unabhängigkeit von der Regierung in Rom weht durch Norditalien: Bei einem Referendum zur Ausdehnung regionaler Kompetenzen, zu dem am Sonntag über 10 Millionen Wähler in der Lombardei und Venetien aufgerufen waren, ist es zu einem klaren Sieg des Ja gekommen. Die Wahlbeteiligung war höher als erwartet.
 
Laut vorläufigen Angaben stimmten in Venetien (Veneto) 59,7 der Wahlbeteiligten ab. Damit wurde das 50-Prozent-Quorum erreicht. Ein mutmaßlicher Hacker-Angriff dort bremste aber die Übermittlung der Ergebnisse. Die Befürworter von größerer Autonomie reklamierten den Sieg jedenfalls für sich.
 
Die Wahlbeteiligung in der Lombardei (Lombardia) betrug laut vorläufigen Angaben 40 Prozent. Das Ja zum Referendum lag laut dem Präsidenten der Lombardei Roberto Maroni bei 95 Prozent. In der Lombardei galt keine Mindestbeteiligung für die Gültigkeit des Referendums.
 
Nicht bindend
 
Die autonomistischen Bestrebungen sind in Venetien stärker als in der Lombardei. Die hohe Wahlbeteiligung ist ein Sieg für die föderalistisch orientierte Rechtspartei Lega Nord, Initiatorin des Referendums. Der Partei gehören die Präsidenten der Lombardei und Venetiens an. Im Gegensatz zum spanischen Katalonien ging es bei der Befragung in den beiden norditalienischen Regionen nicht um die Unabhängigkeit, sondern um zusätzliche regionale Kompetenzen im Rahmen der italienischen Verfassung. Das Ergebnis der Volksbefragung ist zwar für Rom nicht bindend, das Referendum ist jedoch legal.
 
Venetiens Regionalpräsident Luca Zaia bezeichnete die hohe Beteiligung am Referendum in seiner Region als "historisches Ergebnis". Venetien sei nach der Wahl "nicht mehr wie früher". "Ich bin stolz, dass Millionen von Wählern eine bürgernahe und konkrete Politik ohne Bürokratie und ohne Verschwendungen verlangen", betonte Lega-Nord-Chef, Matteo Salvini, der in einem Wahllokal in Mailand seine Stimme abgab. Zufrieden erklärte sich auch der Regionalpräsident der Lombardei, Roberto Maroni. "Es ist ein Erfolg, dass sich drei Millionen Lombarden an diesem Referendum beteiligt haben", so Maroni.
 
In der Lombardei wurde erstmals in Italien mit Tablets gewählt, für welche die Region 23 Millionen Euro ausgab. Die hohen Kosten der elektronischen Geräte führten zu scharfer Kritik an der Lega Nord. Maroni verteidigte sich und meinte, die Tablets sollten nach dem Referendum von Schulen verwendet werden. Das elektronische Wahlsystem solle auf ganz Italien ausgedehnt werden, forderte Maroni.
 
Maroni und Zaia wollen nun so schnell wie möglich Autonomie-Verhandlungen mit der italienischen Zentralregierung in Rom starten. Die Volksbefragung ist zwar nicht bindend, die Abstimmung ist aber anders als die im spanischen Katalonien legal. Ziel der Lega Nord ist es, ein Gesetz zur Ausdehnung regionaler Kompetenzen noch bis zum Ende der Legislaturperiode unter Dach und Fach zu bringen. Dabei geht es um die Erweiterung des normalen Statuts der beiden Regionen auf 23 zusätzliche Kompetenzen gemäß Artikel 116 der Verfassung. Die zusätzlichen Kompetenzen betreffen unter anderem die Bereiche Umwelt, Gesundheit, Bildung, Ziviljustiz, Kulturgüter sowie die Möglichkeit, dass die Regionen unabhängig von Rom Beziehungen zu anderen Staaten aufnehmen.
 
Die Lega Nord will außerdem erreichen, dass mindestens die Hälfte der regionalen Steuereinnahmen, die derzeit in die Staatskassen fließen, in der Region verbleiben. Die Steuerlast der beiden Regionen sei unerträglich geworden, klagt die Lega Nord. Die Lombardei überweist derzeit Steuergelder in Höhe von 57,6 Milliarden Euro pro Jahr nach Rom. Aus Venetien fließen jährlich 19,3 Milliarden Euro nach Rom.
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