Wahlbeobachter kritisieren massive Unregelmäßigkeiten.
Nach einem von Manipulationen überschatteten Wahlprozess haben die Bürger Nicaraguas den Ex-Revolutionär Daniel Ortega im Präsidentenamt bestätigt. Wie der Vorsitzende der Obersten Wahlbehörde (CSE), Roberto Rivas, Montag Früh nach Auszählung von 38,8 Prozent der Wahllokale mitteilte, erhielt der 65-jährige Sandinistenführer 62,6 Prozent der Stimmen. Er verwies seinen Herausforderer, den 79-jährigen Medienunternehmer Fabio Gadea, mit 30,8 Prozent auf den zweiten Platz.
Wie schon in den Tagen zuvor war am Sonntag vor allem in der Provinz Matagalpa im Norden zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Ortegas gekommen, wie die Nichtregierungsorganisation "Hagamos Democracia" ("Machen wir Demokratie") in Managua mitteilte. Mehrere Wahllokale seien angezündet worden. Dagegen behauptete Ortega, der Wahltag sei ruhig und friedlich verlaufen.
Wahlbeobachter kritisieren Unregelmäßigkeiten
Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und der EU kritisierten allerdings Unregelmäßigkeiten und massive Behinderungen ihrer Mitarbeiter. Ihnen sei oft der Zutritt zu den Stimmlokalen verweigert worden. Der Direktor der nicaraguanischen Gruppe "Ética y Transparencia (EyT), Eduardo Courtney, sah "Anzeichen des Betruges". "Der Wahlprozess ist nicht gerecht, nicht ehrlich und nicht glaubwürdig", sagte er vor der Presse in Managua. Die CSE werde keine vertrauenswürdigen Resultate erhalten, da in den Wahllokalen keine Repräsentanten der Opposition zugelassen worden seien.
Um seine Wiederwahl sicherzustellen, hatte Ortega mehrere Gesetzesverstöße begangen. Mit seiner Kandidatur verstieß er gegen die Verfassung, da er bereits zweimal Präsident seines Landes war und weil ein Präsident nicht unmittelbar im Anschluss an seine Amtszeit erneut kandidieren darf. Ortega verlängerte per Dekret die Mandate der ihm hörigen Mitglieder der CSE. Er brachte auch im November 2008 zahlreiche Städte, darunter Managua, durch einen mutmaßlich massiven Wahlbetrug unter seine Kontrolle.
Angst vor Familiendiktatur
Die Opposition-Allianz (PLI-UNE) aus Liberalen und Dissidenten der Sandinisten wirft Ortega und dessen Frau Rosario Murillo vor, eine Familiendiktatur in Nicaragua errichten zu wollen. Ortega selbst sagte zu seiner Wiederwahl, man habe das erste Mal ohne Furcht einen Urnengang zugunsten des Sandinismus organisiert, der seine Fähigkeit unter Beweis gestellt habe, im Frieden zu regieren.
Ortega brauchte nur 40 Prozent der Stimmen, um sich den Sieg in der ersten Wahlrunde zu sichern. Er ist angetreten, um den Kampf gegen die Armut fortzusetzen. Seine Politik der Armutsbekämpfung wurde zudem erst durch Petro-Dollars aus Venezuela möglich. Ortega ist ein enger Verbündeter des linkspopulistischen venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez.
Obwohl die Wirtschaft dieses Jahr voraussichtlich um rund vier Prozent wächst, zählt Nicaragua zu den ärmsten Ländern überhaupt nach Haiti. Etwa 57 Prozent der rund 5,7 Millionen Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze. 2005 waren es allerdings noch 65,5 Prozent.