Wahl-Krimi in Deutschland

Offener Dreikampf um Merkels Nachfolge

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Am 26. September wählt Deutschland. Um das Erbe von Langzeit-Kanzlerin Angela Merkel ist ein spannender Dreikampf ausgebrochen. 

Der Wahlkampf zur deutschen Entscheidung hat gerade erst begonnen, doch die Spannung ist bereits am Höhepunkt.

Praktisch im Wochentakt wechselt die Favoritenrolle, die Umfragen der letzten Tage signalisieren einen Dreikampf um die Spitze. Mehrere Koalitionen sind nach der Wahl am 26. September vorstellbar.

Die Dramatik ist dem historischen Anlass durchaus angemessen. Schließlich geht es darum, wer Angela Merkel nachfolgen wird, die nach 16 Jahren an der Regierungsspitze nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Um das Erbe ihrer Ära kämpfen diese drei:

  • Armin Laschet, der gemeinsame Kandidat der Union, galt anfangs als Favorit für die Nachfolge seiner Parteifreundin. Der 60-jährige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hatte sich gegen seinen bayerischen Amtskollegen und CSU-Chef Markus Söder durchgesetzt. Doch dann verließ ihn offensichtlich das Glück. Plagiatsvorwürfe wegen eines seiner Bücher und sein patschertes Auftreten während der Flutkatastrophe in seinem Bundesland kosteten ihn Punkte. In der Kanzlerfrage ("Wen würden Sie direkt zum Kanzler wählen?") liegt er laut Forsa-Institut mit zwölf Prozent nur auf dem dritten Platz.
  • Als Annalena Baerbock auf der Bühne erschien und als Spitzenkandidatin der Grünen den Vorzug gegenüber Robert Habeck erhielt, entstand ein gewaltiger Hype: "Kann sie Merkel?" Die Wetten, dass sie diese Frage wird beantworten müssen, sind zuletzt gefallen. Baerbock hat viele Fehler gemacht. Zu spät gemeldete Nebeneinkünfte, Fettnäpfchen-Wortmeldungen -und auch bei ihr sind die Plagiatsjäger fündig geworden. Lange Zeit hatte sie in der Kanzlerfrage geführt, doch sie baute sukzessive ab, liegt mit 16 Prozent nur mehr an zweiter Stelle.
  • Olaf Scholz heißt nun plötzlich der neue Favorit. Lange Zeit stand der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten und aktuelle Finanzminister im Schatten des Zweikampfs seiner Mitbewerber, jetzt steht er unübersehbar im Ring. Rampensau ist der zurückhaltende Ex-Bürgermeister von Hamburg keine, doch mit seinem sachlichen Auftreten profitiert er von den Fehlern von Laschet und Baerbock. Er hat der alten Tante SPD, lange Zeit abgeschlagen auf Platz 3 gelegen und sogar von der rechtsextremen Af D bedrängt, neue Hoffnung gegeben. Scholz liegt weit vor den Werten seiner Partei. 26 Prozent würden ihn direkt zum Kanzler wählen, die SPD liegt derzeit bei 19 Prozent.

Wer mit wem?

Die Deutschen trauen Scholz den Kanzler zu, doch ob es so weit kommt, wird von den möglichen Koalitionen abhängen. Noch vor wenigen Wochen war davon ausgegangen worden, dass Union und Grüne die nächste Koalition bilden werden -fraglich war nur, wer an der Spitze landen würde. Nun scheint eine Dreierkoalition aus SPD, Grünen und FDP gegen die CDU/CSU denkbar. Die Liberalen würden da wohl aber nur unter einem Kanzler Scholz mitgehen, eine grüne Kanzlerin könnte FDP-Chef Christian Lindner nur schwer unterstützen. Die SPD müsste daher zumindest Zweite werden und vor den Grünen liegen. Für Hochspannung ist also auch nach dem 26. September gesorgt.  

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