Für mindestens 125.000 Euro kann man sich ein ganzes Dorf ersteigern.
Eines Tages hat Paul Urbanek in der Früh ein merkwürdiges Schild am Eingang zu seiner Siedlung entdeckt. Alwine, sein kleines Dorf, werde versteigert, las der Pensionist. "Mindestgebot 125.000 Euro." Am Samstag kommt die zwei Autostunden südlich von Berlin gelegene Siedlung unter den Hammer.
Der 71-Jährige ist empört: "Konnten die uns nicht mal ein Schreiben herschicken? Dass wir Bescheid wissen!" Urbanek ist einer von etwa 20 Menschen, die noch in der von Wald umgebenen Ansiedlung in der brandenburgischen Einöde leben. Die Menschen sind alt, die Häuser verfallen. "Insgesamt umfassend modernisierungs- und sanierungsbedürftiger Zustand", heißt es in der Beschreibung des Auktionshauses.
Im Zweiten Weltkrieg trainierte die Hitlerjugend in der Umgebung von Alwine und Kriegsgefangene waren dort inhaftiert. Bis zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990 gehörte die Siedlung einer nahe gelegenen Fabrik für Kohlebriketts, viele Bewohner arbeiteten dort. Bald nach der Wende schloss die Fabrik, vor allem die jungen Menschen zogen fort. Im Jahr 2000 kauften zwei Brüder Alwine zum symbolischen Preis von einer Mark, stoppten den Verfall aber nicht. Einer der beiden ist nun gestorben, das ist der Grund für den Verkauf.
Die Stadt wird kein Gebot bei der Versteigerung abgeben und auch keiner der Einwohner wird vermutlich die 125.000 Euro Startgebot aufbieten können. Was die Auktion für Urbanek und seine Nachbarn bedeutet, ist deshalb ungewiss.