Austritts-Deal ist geplatzt

Ihre Worte zeigen: So verzweifelt ist May

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May zeigt, dass sie mit ihrem Latein am Ende ist.

Großbritannien steuert nach der dritten Ablehnung des EU-Austrittsvertrags durch das Parlament auf einen harten Brexit zu. Die Konsequenzen des Neins seien ernst, sagte Premierministerin Theresa May am Freitag nach dem Votum des Unterhauses. "Ich fürchte, wir erreichen die Grenzen des Verfahrens in diesem Haus." 344 Abgeordnete stimmten gegen den Deal, 286 dafür.

Das britische Parlament hat gerade zum dritten Mal ihren Austrittsvertrag mit der EU abgelehnt. Ohne signifikante Änderungen kann sie den Deal nun nicht mehr erneut zur Abstimmung vorlegen.
 
Eine bessere Lösung ist allerdings nicht in Sicht, das machte May in ihrer Reaktion ebenfalls klar. Sie führt den Abgeordneten noch einmal vor Augen, zu was sie alles „Nein“ gesagt haben.
 
"Dieses Haus hat "No-Deal" abgelehnt, es hat "Keinen Brexit" abgelehnt, am Mittwoch hat es alle vorliegenden Variationen des DEals abgelehnt, und heute hat es die Zustimmung nur zum Austrittsabkommen und zur Fortführung eines Prozesses für die Zukunft abgelehnt", fasst May zusammen.
 
"Diese Regierung wird weiterhin das Ziel des geordneten Brexits verfolgen, den das Ergebnis des Referndums verlangt."
 
Wie es jetzt weitergeht, ist unklar.

Hard-Brexit wahrscheinlich

Ein ungeregelter Brexit des Landes am 12. April ist nach Aussagen der EU-Kommission nun wahrscheinlich. EU-Ratspräsident Donald Tusk setzte umgehend einen EU-Sondergipfel für den 10. April an. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte, ein geordneter Austritt Großbritanniens werde "nun immer unwahrscheinlicher".
 
Am Montag will May mit den Abgeordneten in London erneut nach einem Weg aus der Blockade suchen. Das Parlament hatte dem von der 62-Jährigen ausgehandelten Vertragswerk zuvor bereits im Jänner und im März die Zustimmung verweigert. May hat ihren Rücktritt angeboten für den Fall, dass ihr Abkommen angenommen wird. Auch Alternativ-Vorschläge lehnten die Abgeordneten diese Woche mehrheitlich ab. Dem Vernehmen nach könnte May kommende Woche noch einen vierten Versuch unternehmen, ihren Deal durchzubringen.
 
Doch der Druck auf die Regierungschefin scheint jetzt schon unerträglich hoch. Britische Medien spekulieren bereits über eine Reihe von möglichen Nachfolgern, darunter Ex-Außenminister Boris Johnson, Brexit-Minister Stephen Barclay, Innenminister Sajid Javid und Arbeitsministerin Amber Rudd.
 
Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, forderte May zum Rücktritt auf und verlangte Neuwahlen. Wenn May nicht akzeptiere, dass ihr Deal vom Unterhaus zurückgewiesen wurde, "dann muss sie gehen. Nicht zu einem unbestimmten Datum in der Zukunft, sondern jetzt, so dass wir bei einer Neuwahl über die Zukunft des Landes entscheiden können." Ein Sprecher Mays sagte dazu, Neuwahlen seien nicht "im Interesse des Landes".

Eigentlich hätte es ein historischer Tag werden sollen

Eigentlich hätte es ein historischer Tag werden sollen für die Anhänger des Brexit. Genau vor zwei Jahren meldete May den Ausstieg aus der EU an, seitdem tickt die Uhr. Im Juni 2016 hatten die Briten bei einem Referendum den Ausstieg des Landes aus der EU mit 52 Prozent beschlossen. Tausende Brexit-Befürworter demonstrierten in London für einen raschen Austritt. Viele werfen May Verrat vor. "Raus heißt raus" und "Bye, Bye EU", skandierten sie vor dem Parlamentsgebäude.
 
Nach der Abstimmung kam vereinzelt Jubel auf. "Wunderbar - jetzt sind wir auf dem Weg zu einem 'no deal'", sagte die Verkäuferin Louise Hemple. "Das bedeutet, wir haben die komplette Kontrolle und genau dafür haben wir Brexiteers gestimmt." Brexit-Wortführer Nigel Farage schien sich hingegen schon auf ein neuerliches Antreten bei der EU-Wahl vorzubereiten. "Eine Verlängerung (der EU-Mitgliedschaft, Anm.) und weitere Kämpfe scheinen jetzt unausweichlich", twitterte er nach dem Votum.
 
Ein ungeordneter Brexit hätte unabsehbare wirtschaftliche Folgen, vor allem für Großbritannien. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, dass die EU nun ihre Vorbereitungen für einen Brexit ohne Abkommen beschleunigen muss.
 
Auf einem EU-Gipfel vorige Woche hatten Macron und die anderen Staats- und Regierungschefs den Briten zwei Szenarien in Aussicht gestellt. Eigentlich wollte das Land am Freitag austreten. Dem Vereinigten Königreich wurde jedoch eine kurze Verschiebung bis zum 12. April bei einer Ablehnung des Deals gewährt. Bei einer Annahme wäre der 22. Mai das Austrittsdatum gewesen. Die EU will damit Folgen für die Europawahl vermeiden, die vom 23. bis zum 26. Mai angesetzt ist.

"Ein Weg zum ordentlichen Brexit geschlossen"

"Einer der Wege hin zu einem ordentlichen Brexit scheint nun geschlossen zu sein", sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nach der Abstimmung. Nun müsse May sich vor dem 12. April erklären, wie es weitergehe. EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber schrieb in der ZDF-Sendung "Was nun, Europa?" den EU-Austrittsdeal mit Großbritannien ab. "Der Vertrag ist vom Tisch", sagte er. Man könne nun eine Neuwahl oder ein zweites Referendum in Großbritannien organisieren, sagte der Christlichsoziale. Jedenfalls könne ein Land, das die EU verlassen wolle, nicht bei der Europawahl im Mai mitbestimmen.
 
Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) kritisierten die Entscheidung bei einem Presseauftritt am Freitagnachmittag. "Man kennt sich nicht mehr aus", sagte Strache. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) schrieb auf Twitter: "Sollte kein politisches Wunder passieren, rechne ich mit einem ungeregelten Ausscheiden Großbritanniens am 12. April."
 
"Die einzige Möglichkeit, die für Großbritannien besteht, ist um eine deutliche Verlängerung der Fristen anzusuchen. Aber derzeit gibt es keine Indizien dafür, insofern gehe ich nicht von diesem Szenario aus", sagte Kurz mit Blick auf eine mögliche Teilnahme Großbritanniens an der EU-Wahl. "Das wäre nur mehr absurd", kommentierte Strache die Aussicht auf eine britische Wahlteilnahme. SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder drängte ebenfalls auf eine rasche Lösung. "Europa kann nicht ewig zuwarten und auch ein dauerndes Verschieben des britischen EU-Austritts ohne Lösungsplan ist keine Option", betonte er.
 
Zur Abstimmung am Freitag im britischen Parlament stand nur der Ausstiegsvertrag mit der EU. Die dazugehörige politische Erklärung über die künftigen Beziehungen war nicht Teil des Votums. Die Regierung wollte damit die Bedingungen der EU erfüllen, ohne das Abkommen als Ganzes ratifizieren zu müssen. Die Änderung war zudem nötig, da Parlamentspräsident John Bercow eine erneute Abstimmung über den gleichen Text wegen der Verfahrensregeln abgelehnt hatte.
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