Die Terrormiliz verwendet verbotene Substanzen, unter anderem Chlorgas.
Die kurdischen Kämpfer im Nordirak werfen der Terrormiliz Islamischer Staat ( IS
) vor, international geächtete Chemiewaffen einzusetzen. Die Jihadisten hätten bei einem Anschlag Ende Jänner nahe Mossul Chlorgas verwendet, teilte die kurdische Autonomieregierung in Erbil am Samstag mit.
Ein von der EU zertifiziertes Labor habe Proben vom Tatort untersucht und einen hohen Chlorgasgehalt festgestellt, der einen Chemiewaffeneinsatz nahelege. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) erklärte, sie könne dies zunächst nicht bestätigen. Die USA äußerten sich ähnlich und werteten die kurdischen Angaben als besorgniserregend. Das US-Verteidigungsministerium erklärte, ein Einsatz von Chlorgas wäre ein Zeichen für "wachsende Verzweiflung" des IS angesichts des Drucks durch die Luftangriffe der Allianz und der irakischen Bodentruppen.
Saddam Hussein
Chlorgas wurde erstmals im Ersten Weltkrieg als Waffe eingesetzt. Auch Ex-Machthaber Saddam Hussein ließ seine Luftwaffe 1988 die kurdische Stadt Halabja mit Chlorgas angreifen, mindestens 5.000 Menschen starben daran. Inzwischen ist das durch die Chemiewaffenkonvention von 1997 verboten. Allerdings wurde Chlorgas nach Erkenntnissen der OPCW im Nachbarland Syrien in dem seit vier Jahren dauernden Bürgerkrieg mehrmals eingesetzt.
Auch im Kampf um Tikrit seien vermutlich chemische Waffen zum Einsatz gekommen, hieß es in den Berichten. Auf Videos der Gefechte dort sei orangefarbener Rauch zu sehen - ein Anzeichen für Chlorgas. Das strategisch wichtige Tikrit ist seit Wochen umkämpft.
Die Stadt liegt auf der Strecke zwischen der irakischen Hauptstadt Bagdad und der IS-Hochburg Mossul. Ein Verbund aus irakischen Soldaten, sunnitischen Stammeskämpfern und schiitischen Milizionären versucht mit 30.000 Kämpfern, Tikrit aus den Händen der Jihadisten zu befreien. Nach offiziellen Angaben hat sich die Offensive bereits bis ins Stadtgebiet vorgekämpft. Dort dauern die Gefechte an.
Nach Angaben der irakischen Nachrichtenseite "Al-Sumaria News" sind bei Gefechten am Sonntag in der Früh mindestens 15 IS-Kämpfer getötet worden. Ein Sicherheitsbeamter berichtete der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gleichzeitig vom Tod eines hochrangigen schiitischen Kommandanten durch die Jihadisten bei den Gefechten.
In Libyen haben sich unterdessen der IS und Kämpfer der Islamisten-Miliz Fajr Libya heftige Gefechte geliefert. Nach Angaben eines Sicherheitsvertreters brachen die Kämpfe am Samstag gegen Mittag im Osten von Sirte aus, am Abend hätten sie wieder aufgehört. Der IS hatte Berichten zufolge Regierungsgebäude, die Universität und einen Rundfunksender unter seine Kontrolle gebracht.
Der Chef der selbsternannten Regierung in Tripolis, Omar al-Hassi, sagte bei einer Pressekonferenz im Hinblick auf den IS: "Wir werden es nicht zulassen, dass sich dieser Krebs ausbreitet." Sirte ist die Heimatstadt des 2011 gestürzten und getöteten Ex-Machthabers Muammar al-Gaddafi und liegt 450 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis. In Sirte sowie in Ben Jawad wurden nach Angaben von Human Rights Watch (HRW) illegale Streubomben abgeworfen.
Österreicher entführt: Weiter keine Spur
Zu dem in Libyen entführten Österreicher Dalibor S. gibt es laut Außenministeriumsangaben vom Samstag keine Neuigkeiten. Der 39-jährige Oberösterreicher und weitere Mitarbeiter einer Ölfirma waren vor etwas mehr als einer Woche während eines IS-Angriffs auf das libysche Ölfeld Al-Ghani gekidnappt worden. Seither fehlt von dem Mann jede Spur. Lösegeldforderung habe Österreich bisher keine erhalten. Etwa die Hälfte der noch rund 30 Österreicher in Libyen will das nordafrikanische Land in den kommenden Tagen und Wochen verlassen, teilte das Außenministerium am Samstag der APA auf Anfrage mit. Die übrigen wollten trotz Ausreiseempfehlung des Ministeriums bleiben, hieß es weiter.
Folter, Scheinhinrichtungen
Eine ehemalige IS-Geisel, der Spanier Javier Espinosa, berichtete am Sonntag von Scheinhinrichtungen und Folter. Der Reporter der spanischen Zeitung "El Mundo" war vor einem Jahr nach mehr als sechsmonatiger Geiselhaft in Syrien von seinen Kidnappern freigelassen worden. Er habe nicht früher über die Zeit als IS-Geisel sprechen können, da die Islamisten gedroht hätten, sonst Geiseln zu töten, schreibt er in der britischen "Sunday Times". Der "Jihadi John" genannte IS-Kämpfer, der inzwischen als Brite Mohammed Emwasi identifiziert ist, habe ihm Klingen an den Hals gehalten und die Schmerzen einer Enthauptung ausgemalt. Den Geiseln seien Fotos bereits getöteter Gefangener gezeigt worden. Durch die Zellenwände hätten sie nächtelang Schreie und Schläge sowie vereinzelte Schüsse gehört, berichtete Espinosa.
Der IS beherrscht in Syrien und im Irak riesige Gebiete und hat dort ein sogenanntes "Islamisches Kalifat" ausgerufen. In den vergangenen Wochen musste die Gruppe, der Tausende Kämpfer angehören, jedoch vor allem im Irak mehrere militärische Niederlagen hinnehmen.