Die Jamaika-Koalition in Deutschland ist krachend gescheitert.
Deutschland steht vor Neuwahlen. Nach dem Platz der „Jamaika“-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Neuwahlen seien „der bessere Weg“ als eine Minderheitsregierung. Auch eine große Koalition mit der SPD schloss sie aus. Merkel will im Fall von Neuwahlen auch selbst wieder antreten. Sie sei bereit, „weiter Verantwortung zu übernehmen“. Auch Wahlverlierer Martin Schulz bekräftigte, dass seine SPD für eine Neuauflage der „GroKo“ nicht zur Verfügung stehe: „Wir scheuen Neuwahlen nicht!“, donnerte er.
Die Bombe platzte um 23.47 Uhr in der Nacht von Sonntag auf Montag: FDP-Chef Christian Lindner stand nach vier Wochen K(r)ampf um eine historische Regierungskoalition aus CDU, CSU, Grünen und FDP vom Verhandlungstisch auf und verlautbarte: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Der dramatische Abgang sei wohl geplant gewesen, tobten danach die Grünen. Sie nannten Lindner und seine FDP „Verräter“ und „Königinnenmörder“.
Die FDP sieht den Schwarzen Peter bei den Grünen und bei Kanzlerin Merkel selbst: Die Sondierungsgespräche seien „chaotisch organisiert“ gewesen, so die FDP. Den Grünen warfen sie vor, immer neue Forderungen gestellt und damit keine oder deutlich zu wenig Kompromissbereitschaft gezeigt zu haben. Die ganze Wahrheit dürfte wohl in der berühmten Mitte liegen.
Geplatzt. Gespießt hat es sich bei drei „Zoff-Themen“:
- Flüchtlingspolitik und Familiennachzug. CSU-Chef Seehofer will eine Obergrenze. Die Grünen sagten Nein.
- Neuorientierung in der Verkehrs-, Umwelt- und Klimapolitik. Gefordert wurde ein Ausstieg aus der Kohle. CDU/CSU und FDP waren dagegen.
- Abschaffung des verhassten Solidaritätszuschlags – eine klare FDP-Forderung.
SPD sagt Nein. Alle vier Parteien waren mit Maximalforderungen gestartet. Jetzt bleibt für Merkel ein Scherbenhaufen. Am Montag traf sie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, einen Ex-SPD-Mann. Er appellierte: Alle Parteien sollten ihre Haltung nochmals überdenken, so der Präsident: „Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, der darf sich nicht drücken, wenn man sie in den Händen hält“.
Fakt ist: Derzeit läuft alles auf Neuwahlen hinaus – riskantes Spiel für Angela Merkel. Die Kanzlerin ist angeschlagen, Neuwahlen könnten das Ende ihrer Ära einläuten.
K. Wendl, D. Knob
So soll es in Deutschland weitergehen
Neuwahlen führen die deutsche Politik nicht aus der Sackgasse. Das zeigt die erste Umfrage von Forsa nach dem Crash. Das Ergebnis wäre fast unverändert: Die CDU liegt bei 31 %, verliert 2 Prozentpunkte, bleibt aber klar vorne. Die Grünen profitieren. Alle anderen Parteien liegen nahezu unverändert: Die SPD bleibt mit 21 % Zweiter, die AfD kann nicht profitieren, die FDP wird nicht abgestraft. Eine Mehrheit von 45 % ist für Neuwahlen.