Allein 4.000 Kinder harren unter menschenunwürdigen Zuständen in griechischen Lagern aus.
Athen/Istanbul/Berlin. Während wir im Kreise unserer Familien in Sicherheit und Wohlstand Weihnachten feiern, herrschen direkt vor unseren Augen und in nächster Nähe Verzweiflung und Not: In heillos überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln Rhodos, Kos, Samos, Chios, Lesbos, Evros und einigen mehr leben Zehntausende Flüchtlinge unter gelinde gesagt hoch prekären Verhältnissen. Allein auf den Inseln vor der türkischen Küste drängen sich weit mehr als 4.000 Kinder – zum großen Teil unbegleitet. Nicht alle können vor diesem Leid die Augen verschließen. Der deutsche Grünenchef Robert Habeck etwa lässt nun mit der Forderung aufhorchen, Tausende Migranten aus den katastrophal überfüllten Lagern nach Deutschland zu holen. „Holt als Erstes die Kinder raus“, appellierte er in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung an die Menschlichkeit europäischer politischer Verantwortungsträger. Viele der 4.000 Kinder seien Mädchen, so Habeck: „Zerbrechliche, kleine Menschen.“
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Ablehnung. Während Habeck für seine Forderung von vielen Seiten Zustimmung bekommt – Berlin etwa und Thüringen erklärten sich sofort bereit, Flüchtlinge aufzunehmen –, lehnt das deutsche Innenministerium die Aufnahme von Flüchtlingen kategorisch ab. Zielführender sei es, so ein Sprecher, die Situation in den Flüchtlingslagern zu verbessern. Eine Position dazu von österreichischer Seite lässt sich im derzeitigen Finale der Koalitionsverhandlungen nicht eruieren. Caritas-Präsident Michael Landau spricht sich im ÖSTERREICH-Interview (siehe unten) für eine Umverteilung (Resettlement) aus, um Griechenland zu entlasten.
„Für Gott ist niemand Ausländer.“ Auch Papst Franziskus äußerte sich zur Migrationsfrage: „Es geht hier um Menschen, die heute das Symbol aller Ausgegrenzten der globalen Gesellschaft sind. Für Gott ist niemand ein Ausländer oder Ausgegrenzter.“
Caritas-Präsident: "Griechenland nicht alleine lassen"
Der Direktor der Caritas Wien, Michael Landau, zeigt sich enttäuscht über das Sparpaket, denn: „Armut ist ein Stück Realität.“
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ÖSTERREICH: Was steht auf Ihrem Wunschzettel an die neue Regierung?
Michael Landau: Drei Dinge: De Rückkehr zu einer Sprache des Respekts, die Zusammenhalt und Zuversicht stärkt. Der zweite Wunsch lautet, dass es am Ende dieser Legislaturperiode weniger Kinder- und Altersarmut bei uns gibt. Drittens, möchte ich gerne für einen Pakt gegen Einsamkeit werben. Eine stille Not, die immer mehr Menschen trifft.
ÖSTERREICH: Wie soll Österreich denn „armutsfest“ werden?
Landau: Es braucht ein Bündel an Maßnahmen, zu dem leistbares Wohnen, Zugang zu Bildung, ein Pflegekraft-Paket, mehr Unterstützung für das AMS und Arbeit, von der man leben kann, gehören.
ÖSTERREICH: Die griechischen Flüchtlingslager sind überfüllt. Was kann Österreich tun?
Landau: Es wird viel von Hilfe vor Ort geredet, aber ich finde, wir könnten mehr tun. Insbesondere das Ziel, 0,7 % des BIP für Entwicklungshilfe zu verwenden, auch einhalten. Und: Wir müssen wieder mehr Energie in Integration stecken.
ÖSTERREICH: Der deutsche Grünen-Chef hat gefordert, 4.000 Kinder von dort herzuholen...
Landau: Ich möchte mich in keine deutsche Debatte einmischen, aber die EU ist gut beraten, Griechenland damit nicht alleine zu lassen. Österreich hat bereits sogenannte Resettlement-Programme durchgeführt – eben aus diesem Grund, dass die Schwächsten sonst keine Chance hätten. Ich fände es wichtig, dass das im nächsten Regierungsprogramm steht.