Linksgerichteter Ex-Präsident knapp vorne

Knappes Rennen bei Brasilien-Wahl: Lula vor Bolsonaro

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Mit fortschreitender Stimmenauszählung überholte der linksgerichtete Ex-Präsident Lula am Sonntagabend den Rechtspopulisten Bolsonaro.

Brasilia. Bei der Präsidentenwahl in Brasilien zeichnet sich weiterhin ein knappes Rennen zwischen Amtsinhaber Jair Bolsonaro und seinem Herausforderer Luiz Ignacio Lula da Silva ab. Mit fortschreitender Stimmenauszählung überholte der linksgerichtete Ex-Präsident Lula am Sonntagabend den Rechtspopulisten Bolsonaro. Nach der Auszählung von 95 Prozent der Wahlmaschinen lag Lula mit 50,7 Prozent vor Bolsonaro, auf den 49,3 Prozent der bis dahin ausgezählten Stimmen entfielen.

Lula hatte die erste Runde am 2. Oktober gewonnen - allerdings deutlich knapper, als nach den Umfragen erwartet. Danach galt das Rennen wieder als völlig offen. Der Wahlkampf war über Monate hinweg von schweren gegenseitigen Beschuldigungen und im Internet verbreiteten Falschinformationen geprägt. Bis zuletzt kämpften beide Kandidaten um jede Stimme. Präsident Bolsonaro streute immer wieder Zweifel am Wahlsystem und deutete an, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. Einige seiner Anhänger forderten unverhohlen einen Militärputsch.

Die Wahl hat über Brasiliens Grenzen hinaus erhebliche Bedeutung. Als riesiger Kohlenstoffspeicher spielt das Amazonasgebiet im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel eine wichtige Rolle. Angesichts der angespannten Lage auf dem Energie- und Lebensmittelmarkt wegen des Ukraine-Kriegs ist Brasilien mit seinen enormen natürlichen Ressourcen auch ein wichtiger Handelspartner.

"Die Erwartung ist ein Sieg, zum Wohle Brasiliens"

"Die Erwartung ist ein Sieg, zum Wohle Brasiliens", sagte Bolsonaro, nachdem er in Rio de Janeiro seine Stimme abgegeben hatte. Der Ex-Militär trug ein gelbes T-Shirt mit der Aufschrift "Brasil" und zeigte das Victory-Zeichen. "So Gott will, werden wir heute siegreich sein. Oder besser gesagt: Brasilien wird heute siegreich sein." Lula küsste bei der Stimmabgabe seinen Wahlzettel. Er sagte: "Bei dieser Wahl geht es um die Entscheidung zwischen Demokratie und Barbarei, Demokratie oder Faschismus."

Neben dem Präsidenten wurden am Sonntag auch Gouverneure in einem Dutzend Bundesstaaten gewählt - etwa im bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Bundesstaat São Paulo. In der ersten Runde hatten Gefolgsleute Bolsonaros bereits eine Reihe wichtiger Gouverneursposten erobert. Seine Liberale Partei (PL) stellt künftig auch die stärkste Fraktion im Kongress, vor Lulas Arbeiterpartei (PT).

Für Aufsehen sorgte am Samstag die PL-Abgeordnete Carla Zambelli, die in São Paulo nach einem Streit einen Mann mit vorgehaltener Waffe verfolgte. Um Gewalttaten zu verhindern, untersagte das Oberste Wahlgericht Zivilisten in den Tagen rund um die Stichwahl das Tragen von Waffen. Brasilianische Medien zitierten Zambelli am Sonntag nach dem Verlassen einer Polizeistation mit den Worten: "Ich werde bewaffnet wählen, auch mit einer kugelsicheren Weste. Ich werde bewaffnet und vorbereitet sein."

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