Absolute Mehrheit im zweiten Wahlgang im thüringischen Landtag.
Zum ersten Mal in Deutschland ist ein Politiker der Postkommunisten zum Regierungschef eines Bundeslandes gewählt worden. Der Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow erhielt am Freitag bei der Wahl im Landtag von Thüringen in Erfurt im zweiten Wahlgang 46 Stimmen. Dies entspricht genau der Anzahl der Mandate der von ihm geführten rot-rot-grünen Koalition.
Gleich im Anschluss an seine Wahl wurde Ramelow im Landtag vereidigt. Im ersten Wahlgang hatte Ramelow nur 45 Stimmen bei 44 Gegenstimmen, einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme erhalten. Der Landtag hat 91 Sitze.
Die Partei "Die Linke" ist aus der DDR-Staatspartei SED hervorgegangen. Sie war bei der Landtagswahl in Thüringen am 14. September mit 28,2 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft hinter den seit 24 Jahren regierenden Christdemokraten der bisherigen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht geworden. Diese müssen jetzt in die Opposition, weil sie keinen Koalitionspartner fanden.
Der 58-jährige Ramelow war 1990 als westdeutscher Gewerkschafter nach Thüringen gegangen. Im dritten Anlauf schaffte er nun den Sprung an die Regierungsspitze. Linke, SPD und Grüne hatten sich im November auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, in dem sie unter anderem die Einführung eines gebührenfreien Jahres in den Kindertagesstätten des Bundeslandes versprechen. Im Koalitionsvertrag wird die DDR als "Unrechtsstaat" bezeichnet.
Gegen die Wahl Ramelows hatte es öffentliche Proteste unter anderem aus den Reihen der früheren DDR-Bürgerrechtler gegeben. Am Donnerstagabend waren noch einmal knapp 2.000 Menschen in Erfurt gegen Rot-Rot-Grün auf die Straße gegangen. Auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hatte Zweifel geäußert, ob sich die Linkspartei tatsächlich schon weit genug von den Vorstellungen der SED entfernt habe.