Forderungen nach Maßnahmen zu Armutsbekämpfung

NGOs fordern mehr Rücksicht auf Kinderrechte

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Zum Tag der Kinderrechte Forderungen nach Maßnahmen zu Armutsbekämpfung, Bildungsgerechtigkeit.

Seit 2011 sind in Österreich die Kinderrechte in der Verfassung verankert. In der Praxis werde allerdings die Vorgabe, bei politischen Entscheidungen immer auf das Beste für das Kind zu achten, noch nicht gelebt, haben NGOs anlässlich des jährlichen Tags der Kinderrechte am heutigen Samstag beklagt. Gefordert werden u.a. mehr Maßnahmen gegen Kinderarmut und soziale Ausgrenzung von armutsbetroffenen Kindern, außerdem müssten sich Kinderrechte stärker im Budget niederschlagen.

Die Bundesjugendvertretung (BJV) beklagt in einer Aussendung eine "Schieflage bei den Kinderrechten". Zu viele Kinder würden in Familien leben, in denen es zu häuslicher Gewalt kommt, die Gesundheitsversorgung oder der Zugang zu elementarpädagogischer Bildung seien in Österreich ungleich verteilt. In der Coronapandemie sei durch den Fernunterricht teilweise das Recht auf Bildung beschnitten worden, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen habe gelitten. "Die Politik muss hier endlich aktiv gegensteuern", so der BJV-Vorsitzende Sabir Ansari.

Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf, ortet in einer Aussendung im Budget für das nächste Jahr Lücken bei der Bekämpfung der Kinderarmut, obwohl in Österreich jedes fünfte Kind von Armut betroffen oder bedroht sei. Außerdem fehlten Maßnahmen für ein "kinderrechtskonformes Bildungssystem" mit gleichen Chancen für alle und beim Klimawandel, um das Recht der Kinder auf eine intakte Umwelt zu wahren. SOS-Kinderdorf fordert deshalb, dass im Zuge eines erweiterten Jugend-Checks künftig jeder neue Gesetzesentwurf von einer unabhängigen Stelle zu den Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche geprüft wird.

Einkommen und Bildungsniveau der Eltern würden in Österreich immer noch über die Bildungslaufbahn von Kindern entscheiden, beklagt Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. Die Pandemie habe gerade bei jenen Kindern zu den größten Bildungslücken geführt, deren Eltern finanziell und damit in vielen anderen Lebensbereichen benachteiligt seien. Sie fordert mehr kostenlose Lernunterstützung für diese Kinder, derzeit würden allein in den Caritas-Lerncafés 1.000 Kinder auf einen kostenlosen Nachhilfeplatz warten. Außerdem sollten Sozial- und Familienleistungen auf ihre Armutsfestigkeit und ihre verteilende Wirkung geprüft werden, langfristig sollte auch über Formen der Kindergrundsicherung nachgedacht werden. Die Volkshilfe hat zum Tag der Kinderrechte wieder eine Spendenkampagne für Kinder aus armutsbetroffenen Familien gestartet.

Auch für jene mindestens 42.700 Kinder und Jugendlichen, die Angehörige pflegen, sei mehr Hilfe notwendig, betonte die Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger. "Die meisten Kinder pflegen und betreuen im Verborgenen, vertrauen sich niemandem an, versuchen, ohne Hilfe von außen zurecht zu kommen", so Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der IG-Pflege. Es brauche deshalb die sensible Unterstützung Erwachsener, damit diese "Young Carers" etwa Hilfe in Anspruch nehmen oder ihre sozialen Kontakte aufrechterhalten können. Das Sozialministerium präsentierte eine App, die den Jugendlichen, die Angehörige pflegen, Unterstützung im Alltag bieten soll. Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) erklärte dazu, damit wolle man diesen jungen Menschen individuelle Hilfestellung anbieten und die Öffentlichkeit für ihre Situation sensibilisieren.

Am Wiener Rathaus wurde gemeinsam mit Jugendlichen die Kinderrechte-Fahne gehisst. Der zuständige Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) bekräftigte seinen Appell an die Bundesregierung, gegen Kinderrechtsverletzungen nicht nur klare Worte, sondern auch Taten zu setzen.

Die beiden SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherinnen im National- und Bundesrat Eva-Maria Holzleitner und Daniela Gruber-Pruner erinnerten an die Forderung ihrer Partei nach einem Rechtsanspruch auf einen ganztägigen, kostenfreien und qualitätsvollen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr. FPÖ-Familiensprecherin Edith Mühlberghuber beklagte, dass während der Corona-Pandemie zahlreiche Kinderrechte verletzt würden. Den Jüngsten sei in den vergangenen 20 Monaten "das Recht auf ihr Kindsein ganz genommen" worden.

Mückstein gestand zu, dass die Pandemie insbesondere bei Kindern und Jugendlichen zu vielfältigen psychosozialen Belastungen führe. Das Gesundheitsministerium habe darauf reagiert und stelle 13 Millionen Euro zusätzlich für die niederschwellige psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung. Als ein zentrales Anliegen der Bundesregierung nannte Mückstein die Bekämpfung der Kinderarmut.

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