Amnesty-Bericht

Orbán-Regierung will erneut Justiz reglementieren

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"Höchstgericht seit vielen Jahren überwiegend aus loyalen Regierungsanhängern zusammengesetzt"

Budapest/Brüssel. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat deutliche Kritik an den Plänen Ungarns für eine weitere Justizreform geübt. Nach dem Verzicht auf die umstrittene Reform der Verwaltungsjustiz will die Regierung des Rechtsnationalisten Viktor Orbán nun offenbar erneut die Unabhängigkeit der Gerichte in Ungarn einschränken.
 
Justizministerin Judit Varga reichte am vergangenen Dienstag den Entwurf eines 200 Seiten starken Artikelgesetzes ein. Danach sollen Regierungsbehörden künftig vor das Verfassungsgericht ziehen können, um für sie unliebsame Urteile in Rechtsstreitigkeiten um Wahlen, Korruption und Transparenzpflichten kippen zu lassen. Bisher ist das nicht möglich.
 
Amnesty International beklagte am Wochenende, das höchste Gericht sei seit vielen Jahren überwiegend aus loyalen Regierungsanhängern zusammengesetzt. Der Entwurf des Artikelgesetzes scheint auf einen ähnlichen Effekt abzuzielen wie die von Orbán unter immensem internationalen Druck fallen gelassene Reform der Verwaltungsgerichte.
 
So heißt es bei Amnesty: "Die Regierung wählt nun, anstelle der geplanten Einführung von Verwaltungsgerichten, die der Minister lenkt, einen anderen Weg, indem sie in politisch heiklen Angelegenheiten die Möglichkeit eröffnet, das schon früher unter Regierungseinfluss geratene Verfassungsgericht anzurufen."
 
Das Artikelgesetz soll noch im Dezember vom Parlament angenommen werden. Orbáns Regierungspartei Fidesz verfügt über die dafür nötige Zweidrittelmehrheit.
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