Hilfe bei der Sexualität für Strenggläubige aus dem Westjordanland.
Befriedigung ohne Schuldgefühle: Ob mit einem Eiffelturm, einer Freiheitsstatue oder dem Kolosseum unter der Decke - der orthodoxe Rabbiner Natan Alexander verhilft mit seinen Vibratoren, Penisringen und anderem Sexspielzeug strenggläubigen jüdischen Paare beim Liebesspiel zu Lustgewinn. Das Angebot seines Onlineshops ist natürlich ganz koscher.
Alles koscher
Der 34-jährige Alexander wurde im australischen Sydney geboren und lebt nun in der jüdischen Siedlung Elasar im israelisch besetzten Westjordanland. Nach dem Talmudstudium wurde er diplomierter Rabbiner und betreibt nun vom Siedlungsblock Gusch Ezion aus, der südlich von Jerusalem liegt, den koscheren Online-Sexshop.
"Es ist ein religiöses Gebot, seiner Frau beim Sex Lust zu bereiten. Strenggläubigen Paaren muss aber manchmal geholfen werden, ihre Sexualität besser auszuleben", erläutert der Rabbi. Seine Website bebetter2gether.com (etwa: besser zusammensein) ermöglicht praktizierenden jüdischen Paaren, gemeinsam das Angebot zu durchstöbern und alle erdenklichen Sexspielzeuge zu bestellen, ohne gegen Koschergebote zu verstoßen.
"Die jüdischen Religionsgesetze erlauben die Nutzung dieser Hilfsmittel, weil diese es erleichtern, das Gebot des Lustgewinns für die Ehefrau zu erfüllen", sagt Rabbiner Alexander. Die Halacha, der jüdische Rechtskodex, regelt bis in Kleinste nicht nur Ernährung und Kleidung, sondern auch das Sexualleben der Strenggläubigen. Die erlaubten Praktiken werden aufgezählt, die Verbote definiert. Eine Frau kann beim Rabbiner die Scheidung beantragen, wenn sie ihr Mann sexuell nicht befriedigt.
"Unser Auftreten ist sittsam, einfühlsam und die Vertraulichkeit wahrend", verkündet Alexanders Onlineshop. Züchtig werden dort in zwei Versionen, auf Hebräisch und Englisch, Massagestäbe und Dildos, Reizkugeln und Öle angeboten.
Nicht der Erste
Alexander ist nicht der erste Religionsgelehrte, der den Mangel an Erotik in tief konservativen jüdischen Kreisen offensiv anspricht. So wurden 1999 das Buch "Koscherer Sex" des US-Rabbiners Shmuley Boteach und 2009 sein Folgewerk "Koscher Sutra" zu einem Verkaufsschlager. Boteachs Credo lautet: "Heute lieben wir unsere Frauen, aber wir begehren sie nicht. Wir schätzen sie und verlangen nicht nach ihnen. Sie bekommen Komplimente, aber die Ehemänner reißen ihnen nicht die Kleider vom Leib." Das will der neunfache Vater ändern.
Geschäft läuft prächtig
Auch Alexanders im Westjordanland betriebener Onlineshop läuft gut. Kunden hat er nicht nur unter Israelis, sondern ebenfalls in englischsprachigen Ländern mit jüdischem Bevölkerungsanteil. 20.000 Seitenaufrufe im Monat führen zu fünf Bestellungen pro Tag, berichtet der Rabbi. Doch ihm gehe es nicht nur um Profit: "Mein Angebot soll religiösen Paaren ermöglichen, sich Lust zu verschaffen, ohne religiöse Vorschriften zu brechen."
Dabei sind die angebotenen Hilfsmittel die gleichen, wie in jedem anderen Sexshop. Aber Website und Verpackungen verzichten auf aufreizende und gewagte Bilder oder Sprüche, die den Kodex der Orthodoxen verletzen könnten. Zudem bietet der Onlineauftritt Beratungen an. Fragen, die viele Paare ihrem Gemeinderabbiner ungern direkt stellen möchten, werden hier von Sexualtherapeuten, Paarberatern oder Gynäkologen beantwortet. Und das mit einer Wortwahl, "die die Empfindlichkeiten der religiösen Menschen respektiert", erläutert Alexander.
"Das Judentum räumt dem Sexualvergnügen eigentlich einen wichtigen Platz ein, aber zugleich ist es immer noch viel zu oft ein Tabuthema", sagt der junge Rabbiner und fügt hinzu: "Ich bin stolz darauf, in dieser Hinsicht als Pionier zu wirken."