Grüne Ewa Ernst-Dziedzic ist vor Ort:

"Rettet die Kinder aus der Moria-Hölle"

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Was soll mit 4.000 Kindern und Minderjährigen aus dem abgebrannten Flüchtlings­lager Moria passieren?

Moria/Wien. Die Situation ist katastrophal: 13.000 Menschen hausen jetzt um das abgebrannte Flüchtlingscamp auf der griechischen Insel Lesbos. Darunter zumindest 4.000 Kinder. Die Menschen liegen auf Straßen. Es hat mehr als 30 Grad, die Sonne brennt, überall Staub. Die Bedingungen sind unwürdig. Es gibt kein Wasser, keine Verpflegung, keine Hygiene: „Ich habe das Gefühl, dass sie seit Tagen absichtlich nicht mit Hilfe versorgt werden“, klagt etwa Ewa Ernst-Dziedzic, außenpolitische Sprecherin der Grünen, im ÖSTERREICH-Interview. Sie ist seit Donnerstag in Moria, beschreibt die Zustände als „verheerender, als ich gedacht habe“.
 
Ewa Ernst-Dziedzic Moria
© APA/AFP; APA
× Ewa Ernst-Dziedzic Moria

Türkis bleibt hart: Keine Aufnahme in Österreich

Ablehnung. Deutschland und Frankreich nehmen jeweils zumindest 150 Minderjährige aus Moria ab. Österreich lehnt die Aufnahme weiterhin kategorisch ab, obwohl Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte: „Geflüchtete Menschen in Moria und besonders Kinder ohne Eltern brauchen unsere Hilfe. Europa und Österreich haben, da bin ich zuversichtlich, die Größe und Menschlichkeit, jetzt das Richtige zu tun.“
 
Moria
© AFP/APA
× Moria
 
© APA/AFP/Manolis LAGOUTARIS
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Vizekanzler Kogler will Kinder zu uns holen

Krach. Der Streit um die Aufnahme eskaliert in der Regierung weiter. Vize Kogler argumentiert im Standard: „Ich erwarte mir mehr Menschlichkeit und weniger Zynismus. Wenn sogar der bayerische Ministerpräsident Kinder aufnehmen kann, dann kann das Österreich auch.“ Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer greift die ÖVP frontal an, sagte über den Koalitionskrach in dieser Frage: „Wir sind kampfbereit.“ 
 

Dziedzic (Grüne): "Verheerend, die Hilfe kommt nicht an"

Grün-Politikerin Ernst-Dziedzic ist im Lager Moria auf der Insel Lesbos.
 
Ewa Ernst-Dziedic Moria
© APA/DIE GRÜNEN/DAVID PICHLER
× Ewa Ernst-Dziedic Moria
 
ÖSTERREICH: Wie stellt sich die Situation momentan dar?
 
Ewa Ernst-Dziedzic: Die Lage ist verheerender, als ich angenommen habe. Die Leute verdursten fast bei über 30 Grad, sie bekommen nichts zu essen, schlafen im Dreck auf der Straße. Ich wurde belagert von schwangeren Frauen, die mir ihre Röntgenbilder gezeigt haben und keine medizinische Unterstützung haben. Die Kinder zittern am ganzen Leib, liegen am Boden, die Eltern sitzen daneben und weinen, weil sie nicht wissen, was sie tun können. Ich habe Wasser gekauft, das wurde mir regelrecht aus der Hand gerissen. Und das alles in Europa.
 
ÖSTERREICH: Was fordern Sie nach diesem Besuch?
 
Ernst-Dziedzic: Als Erstes gehört dieses Lager sofort evakuiert und die Menschen versorgt. Sie brauchen Wasser und Essen. Ich habe das Gefühl, dass die viel angekündigte Hilfe, hier nicht ankommt. NGOs werden behindert – von der Polizei, von den Behörden. Sogar Einzelpersonen, die Wasser und Essen austeilen wollen, dürfen das nicht. Es bestätigt sich immer mehr, dass man die schrecklichen Zustände bewusst provoziert. Seit drei Tagen hat sich hier nichts getan. Man schaut zu, wie sich die Situation immer mehr verschlechtert und die Menschen immer ohnmächtiger und kranker werden.
 
ÖSTERREICH: Deutschland nimmt 150 Flüchtlingskinder auf – Österreich nicht. Beschämend?
 
Ernst-Dziedzic: Solche Zustände auf europäischen Boden müssen ein Ende haben. 13.000 Menschen, darunter 4000 Kinder, muss sofort geholfen werden. Auch Österreich muss sich daran beteiligen – das geht von finanzieller Hilfe bis zur Aufnahme von Flüchtlingen.
 
ÖSTERREICH: Innenminister Nehammer befürchtet einen „Sogeffekt“, sollte die Flüchtlinge evakuiert werden …
 
Ernst-Dziedzic: Man kann nicht Menschrechte mit Füßen treten, nur um Abschreckungsszenario für andere zu kon­struieren. (wek)
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