FDP paktiert mit der AfD

Thüringen: Wahl-Schande stürzt Deutsche ins Chaos

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FDP-Kandidat Thomas Kemmerich ließ sich in Thüringen von AfD und CDU zum Ministerpräsidenten küren. Berlin bebte. Jetzt muss er gehen.

„Das ist ein schlechter Tag für die Demokratie. Unverzeihlich und muss rückgängig gemacht werden“, sagte Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel unmissverständlich Richtung Thüringen. Der dortige Landtag hatte Mittwoch für die Öffentlichkeit völlig überraschend FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich – mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD – zum Ministerpräsidenten gekürt.
FDP-Mann trat nach 
nur 24 Stunden zurück
Der Skandal war perfekt. Nachdem sich alle Parteien jenseits der „Königsmacher“ von der AfD entsetzt gezeigt hatten, musste Kemmerich nach nur 24 Stunden und 34 Minuten – und einem Besuch von FDP-Chef Christian Lindner – seinen Rücktritt erklären. Zudem kündigte Kemmerich Neuwahlen an. Während der unter Druck geratene Lindner nun die „Vertrauensfrage“ stellen will.
Kemmerich war schließlich nicht nur der Vertreter der kleinsten Fraktion – die FDP hat nur fünf Prozent bei der Landtagswahl erreicht –, er ließ sich auch noch just von Bernd Höckes AfD an die Spitze des Landes erheben.
Neben Merkel forderten auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie CSU-Chef Markus Söder umgehend Neuwahlen in Thüringen.
FDP-Chef Christian Lindner fuhr nach einer Schrecksekunde in das kleine ostdeutsche Bundesland, um seinen Landesvorsitzenden Kemmerich zum Rücktritt zu bewegen – nachdem mehrere prominente FDPler mit Austritt aus der liberalen Partei gedroht hatten. In ganz Deutschland fanden bereits Mittwochabend Demonstrationen statt: Von Berlin bis Thüringen riefen Menschen „Nazis raus“. AfD gehört in Thüringen rechtsextremen Spektrum an

Warum reagierten CDU, CSU, FDP so schockiert auf die Kemmerich-Wahl?

Höcke und sein AfD-Flügel werden vom deutschen Verfassungsschutz dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet und stehen unter Beobachtung. Höcke selbst teilt in Schrift und Wort etwa die Verschwörungstheorien der rechtsextremen Identitären. Und schrieb sogar davon, dass man quasi mit Gewalt eine „Remigration“ – also Migranten nach völkischer Definition zurückschicken – erreichen müsse.

Die deutsche "Bild" bezeichnet Höcke gar als „Neonazi“. Per Gerichtsurteil darf man ihn „Faschisten“ nennen. Zudem haben alle übrigen Parteien in Deutschland die Grundhaltung, dass „keine Mehrheiten mithilfe der AfD gewonnen werden dürfen“, wie die deutsche Kanzlerin gestern nochmals betonte.

Rücktritt erspart Koalitionskrise in Berlin

Nach jüngsten Informationen dürften die Thüringer CDU und FDP an Berlin vorbei Dienstag bereits mit der AfD paktiert haben. Sie wollten den bis zur Skandalwahl amtierenden Ministerpräsidenten von der Linken, Bodo Ramelow, verhindern, da sie diesen als Kommunisten ansehen. Ramelows Partei wurde bei der Wahl im September Erster.
Der Tabubruch von Thüringen sorgte auch in der rot-schwarzen Bundesregierung in Berlin für Spannungen. Der Schock in Deutschland sitzt aber noch tief. Und könnte noch zu Konsequenzen an den Parteispitzen von CDU und FDP führen.

Isabelle Daniel

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