Interpol

Türkei lässt Deutschen im Ausland festnehmen

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Auf Betreiben der türkischen Regierung wurde in der Ukraine ein weiterer Deutscher festgenommen.

Die Türkei hat Medienberichten zufolge einen weiteren deutscher Staatsbürger über Interpol festnehmen lassen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag gemeinsam mit den Sendern WDR und NDR berichtete, wurde der Kölner Kemal K. bereits im Juli aufgrund einer sogenannten Red Notice der internationalen Polizeibehörde in der Ukraine festgenommen.
 
Er darf das Land demnach nicht verlassen, bis über eine Auslieferung in die Türkei entschieden ist. Kemal K. ist den Berichten zufolge sowohl türkischer als auch deutscher Staatsbürger. In der Türkei war er demnach in der kommunistischen Partei TKP/ML aktiv. Wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, floh er 2007 nach Deutschland, erhielt politisches Asyl und wurde 2016 eingebürgert.
 
Die türkische Justiz wirft dem Kioskbetreiber dem Bericht zufolge vor, in zwei Morde in der Türkei verstrickt zu sein, und hat ein Kopfgeld von 1,5 Millionen Lira (etwa 350.000 Euro) ausgesetzt. Die türkischen Behörden bemühten sich demnach schon mehrfach um eine Auslieferung des 52-Jährigen.
 
Deutsche Gerichte halten die Vorwürfe dem Bericht zufolge aber für politisch motiviert und urteilten mehrfach zu seinen Gunsten: So habe K. 2007 mehrere Monate in Baden-Württemberg in Haft gesessen, das Oberlandesgericht Karlsruhe habe seiner Auslieferung aber nicht zugestimmt: Die Vorwürfe seien unbegründet, es bestünden "erhebliche Zweifel am Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts". Zuletzt hatten deutsche Behörden demnach im Juni seine Auslieferung abgelehnt.
 
 K. ist dem Bericht zufolge mit einer Ukrainerin verheiratet und war aus privaten Gründen in das Land gereist. Zuvor hatte die Generalstaatsanwaltschaft Köln ihn demnach vor einer Auslandsreise gewarnt: Er müsse wegen des bestehenden Interpoleintrags damit rechnen, im Ausland festgenommen zu werden.
 
Red Notice erneuert
 
Die Red Notice gegen K. besteht dem Bericht zufolge seit 2002 und wurde im Juni von der Türkei erneuert. "Obwohl ihm gerade wegen der offenbar politisch motivierten Verfolgung in der Türkei in Deutschland Asyl gewährt wurde, konnten die türkischen Behörden mit diesen Vorwürfen weiter über Interpol nach K. fahnden", schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
 
Dem Bericht zufolge soll nun bis Ende November entschieden werden, ob K. von den ukrainischen Behörden in die Türkei ausgeliefert wird. Dort droht ihm "eine Verfolgung durch türkische Sicherheitskräfte", wie die "Süddeutsche Zeitung" aus einem deutschen Urteil zu dem Fall zitiert.
 
Der Fall erinnert an die Festnahme des deutschen Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien. Die Türkei hatte Akhanli über Interpol zur Fahndung ausgeschrieben, im August hatte die spanische Polizei ihn aufgrund einer Red Notice in Granada festgenommen. Die Festnahme sorgte international für scharfe Kritik an der spanischen Justiz, der vorgeworfen wurde, sich zum Vollstrecker der Kampagne der türkischen Regierung gegen Kritiker zu machen. Einen Tag später war er unter Auflagen frei gelassen worden, durfte Spanien aber nicht verlassen. Er besitzt nur die deutsche Staatsbürgerschaft.
 
Erst am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass Akhanli nicht von Spanien in die Türkei überstellt wird. Nach seinem knapp zweimonatigen Zwangsaufenthalt in Spanien könnte er am späten Mittwochabend nach Deutschland zurückkehren. Nach eigenen Angaben hat er einen Flug gebucht, mit dem er um 23.45 Uhr auf dem Flughafen Köln/Bonn eintreffen würde. Voraussetzung sei allerdings, dass Akhanli am Mittwochvormittag noch die dafür nötigen Papiere von den spanischen Behörden erhalte, sagte sein Anwalt Ilias Uyar in Köln.
 
Die Türkei wirft Akhanli vor, 1989 an einem Raubmord in Istanbul beteiligt gewesen zu sein. Ein Freispruch wurde nach Angaben türkischer Medien 2013 aufgehoben und der Fall neu aufgerollt. Akhanli wertet die Vorwürfe als politisch motiviert. Er sieht seine kritische Auseinandersetzung mit der Türkei als Ursache für die Verfolgung durch die türkischen Behörden.
 
Auch im Fall des nach Deutschland geflohenen früheren Chefredakteurs der Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, dringt die türkische Justiz darauf, ihn durch Interpol zur Fahndung auszuschreiben.
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