Syrien

Türkei wendet sich endgültig von Assad ab

Teilen

Präsident Gül und Premier Erdogan üben Kritik an den syrischen Behörden.

Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad vor der weiteren Anwendung von Gewalt gewarnt. Die Türkei betrachte die Syrer als Nachbarn und Brüder, mit denen es auch familiäre Verbindungen gebe, zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi Gül am Freitag in Istanbul. "Wir verfolgen die Lage in Syrien täglich nachrichtendienstlich genau und zwar äußerst genau", sagte Gül.

Gül: Sind auf das Schlimmste vorbereitet
Sein Land sei zivil und militärisch auch auf die schlimmsten Szenarien vorbereitet. "Natürlich wollen wir nicht, dass diese schlimmsten Szenarien wahr werden. Aber die Dinge entwickeln sich nicht in die richtige Richtung", sagte er.

Syrische Oppositionelle berichteten unterdessen, Jisr al-Shughour unweit der Grenze zur Türkei gleiche einer Geisterstadt. Ein Großteil der Bevölkerung sei aus der Kleinstadt geflüchtet. Einige Familien seien von der Armee vertrieben worden.

Jenseits der Grenze in der Türkei hörten Anwohner am Freitag Kanonendonner.

Erdogan wirft Assad-Regime "Gräueltaten" vor
In einem Fernsehinterview warf Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den syrischen Behörden am Donnerstagabend "Gräueltaten" an der Zivilbevölkerung vor. Die Sicherheitsbehörden verhielten sich "nicht menschlich". Nachdem er den syrischen Staatschef Bashar al-Assad mehrfach vergeblich zu grundlegenden Reformen und einer friedlichen Lösung aufgerufen habe, kündigte Erdogan nun dem Regime die Unterstützung auf, berichteten türkische Medien am Freitag.

Erdogan sagte, er habe erst vor einigen Tagen mit Assad gesprochen. "Sie unterschätzen die Situation", sagte er über die syrischen Behörden. Das brutale Vorgehen gegen Demonstranten sei "inakzeptabel". "Nun befasst sich der UN-Sicherheitsrat mit Syrien. Angesichts der Gewalt können wir Syrien nicht länger unterstützen", sagte Erdogan laut Medienberichten am Vortag in einem Fernsehinterview.

Nach dem Beginn der Aufstände in Syrien im März hatte Ankara über Wochen versucht, beschwichtigend auf die Regierung in Damaskus einzuwirken. Türkische Regierungspolitiker zeigen sich seit kurzem aber zunehmend frustriert über die harte Haltung der Staatsmacht gegenüber den Demonstranten. Vergangene Woche hatte die Erdogan-Regierung erstmals offiziell bestätigt, dass sie Kontakte zur syrischen Opposition aufgenommen hat.

Deutschland will Türkei helfen
Angesichts Tausender Flüchtlinge aus Syrien in der Türkei hat die deutsche Regierung Unterstützung zugesagt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) versprach der türkischen Regierung am Freitag in Berlin "humanitäre Hilfeleistung". Details nannte er nicht. Aus Furcht vor dem Regime von Präsident Bashar al-Assad hatten sich in den vergangenen Tagen mehr als 2800 Syrer ins Nachbarland abgesetzt.

Westerwelle äußerte sich in Berlin "sehr beunruhigt" über die Entwicklung in Syrien. Zugleich appellierte er an die anderen Mitgliedsländer des UNO-Sicherheitsrats, eine gemeinsame Syrien-Resolution zu verabschieden. "Das ist auch eine Frage der moralischen Autorität der Vereinten Nationen", sagte der FDP-Politiker. "Da müssen alle Partner im Sicherheitsrat zusammenstehen und eine klare Antwort finden."

Gegen eine UNO-Resolution kommt bisher vor allem Widerstand aus den Vetomächten Russland und China. Einen Termin, wann über die Entschließung abgestimmt werden soll, gibt es noch nicht.

Sieben Tote bei Protesten
Bei den Protesten in Syrien kamen am Freitag nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mindestens sieben Menschen ums Leben. Drei Zivilisten wurden im Viertel Kabun der Hauptstadt Damaskus von Sicherheitskräften erschossen, wie der Chef des Syrischen Beobachtungszentrums für Menschenrechte, Rami Abdel-Rahman, in London mitteilte.

Zwei weitere Tote gab es demnach in der Ortschaft Bosra al-Harir in der südlichen Region Daraa, ein Mensch kam in der Küstenstadt Latakia im Norden des Landes ums Leben. Auch in Al-Sirmanya in der Provinz Idleb wurde ein Demonstrant erschossen, wie ein anderer Menschenrechtsaktivist sagte.

Die Opposition hatte zu verstärkten Protesten nach den Freitagsgebeten aufgerufen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.