Geld

Abgang auf Raten

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Noch im Frühjahr wurde der Vertrag von Volkswagen-Chef Bernd Pischetsrieder verlängert. Jetzt kam das überraschende Ende.

Nun geht er doch. Nachdem sich Volkswagen-Chef Bernd Pischetsrieder im Frühjahr nach zähen Diskussionen über seine Zukunft angeschlagen in die zweite Vertragsrunde gerettet hatte, ist zum Jahresende überraschend doch Schluss mit seinem Engagement als Chef des größten europäischen Autobauers. Der 58-Jährige ist damit als Vorstandsvorsitzender bei zwei großen deutschen Autokonzernen gescheitert.

Verhängnis Rover
Bei BMW war ihm die Übernahme des unrentablen britischen Autobauers Rover zum Verhängnis geworden - Pischetsrieder verließ ebenso wie sein Vorstandskollege Wolfgang Reitzle den Münchener Autobauer. Die beiden Topmanager faßten schnell wieder Fuß: Reitzle leitet nach einem Spitzenposten bei Ford heute den Gasekonzern Linde. Auch Pischetsrieder kam wieder bei einem großen Unternehmen unter: Im Sommer 2000 wurde er Vorstandsmitglied bei VW, zwei Jahre später übernahm er den Chefposten - von Ferdinand Piech, dem heutigen Aufsichtsratschef.

Schlechte Ausgangslage bei VW
Die Ausgangslage war bescheiden: Die Konjunktur war eingebrochen, weltweit waren die Kunden nach den Anschlägen des 11. September 2001 verunsichert und hielten ihr Geld zusammen. Der steigende Ölpreis tat sein Übriges. Pischetsrieder musste in den ersten Jahren die Gewinnprognosen mehrfach korrigieren, weil die Pkw-Nachfrage nicht in Gang kam.

VW-Modellpalette veraltet
Von Piech übernahm der neue VW-Vorsitzende ein schweres Erbe: Die VW-Modellpalette alterte schnell und wies große Lücken auf - wenn auch nicht bei Luxus-Karossen, mit denen sich der mächtige Porsche-Mitbesitzer Piech nur allzu gerne ablichten ließ. Vom Bau wirklicher "Volksautos", bezahlbar und praktisch, hatte sich der Konzern dagegen zunehmend entfernt, das überließ er den heute erfolgreichen Autobauern aus Japan oder Korea.

Aufklärung in der Korruptionsaffäre
Der studierte Maschinenbauingenieur Pischetsrieder führte bei VW einen dezentralen Führungsstil ein, der von den Managern bis zu den Arbeitern am Band mehr Eigenverantwortung verlangt. In der Belegschaft, die Piechs autokratischen Stil gewohnt war, sorgte das anfangs für Irritation. Dass er die Gunst der Stunde zu nutzen weiß, bewies Pischetsrieder bei der Korruptionsaffäre im vergangenen Jahr. Er drängte von Beginn an auf eine schonungslose Aufklärung, was nicht zuletzt zum Rückzug des damaligen Personalchefs Peter Hartz führte. Fast schien es, als kämen ihm die Details um Prostituiertenbesuche von Betriebsräten und Managern auf VW-Kosten gerade recht, um das als "System Volkswagen" kritisierte Beziehungsgeflecht zwischen Konzernspitze und Arbeitnehmervertretung endlich aufzubrechen.

Spätes Sparpaket
Doch während die Verkäufe der Kernmarke nicht in Schwung kamen und VW in Deutschland zunehmend unter hohen Kosten stöhnte, sortierten sich die Gegner des Bayern, der sich den Vorwurf gefallen lassen musste, ein Zauderer zu sein. Fast zwei Jahre dauerte es, bis Pischetsrieder nach seinem Amtsantritt ein Sparpaket schnürte, das VW vor Verlusten bewahren sollte.

Gegenwind vor Vertragsverlängerung
Als dann Anfang 2006 eine Entscheidung über eine zweite Amtszeit Pischetsrieders auf dem Wolfsburger Chefsessel anstand, gab es angesichts der geplanten Sanierungsschritte heftigen Gegenwind von den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat. Zwar erhielt er am Ende alle Stimmen im Kontrollgremium für seine vorzeitige Vertragsverlängerung - dass aber ausgerechnet Aufsichtsratschef Piech die Spekulationen über die Zukunft des Mannes ausgelöst hatte, den er selbst an die Konzernspitze geholt hat, glich einer Demontage.

Dabei hätte Pischetsrieder alle Rückendeckung für die anstehende Sanierung der kriselnden Kernmarke VW nötig gehabt. An dieser Mammutaufgabe im Fadenkreuz der Großaktionäre Porsche und Niedersachsen sowie der mächtigen Gewerkschaft IG Metall ist der ruhige Bayer letztlich gescheitert.

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