Josef Mantler hatte nur oberflächliche Informationen über die Flöttl-Geschäfte. Das Management habe wie Roulettespieler weitergespielt.
Eine offenbar zu oberflächliche Information des BAWAG-Aufsichtsrats über die Geschäfte mit Wolfgang Flöttl hat am Dienstag der langjährige frühere stellvertretende BAWAG-Staatskommissär Josef Mantler als Zeuge im BAWAG-Prozess eingeräumt. Im Aufsichtsrat habe es "keine beunruhigenden Meldungen" gegeben. Seine Aufgabe als "staatlicher Aufpasser" im Aufsichtsrat der Bank habe aber nicht darin bestanden, Nachforschungen zu unternehmen, sondern seine Wahrnehmungen an die Aufsichtsbehörde - die Bankenaufsicht im Finanzministerium, ab 2002 die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) - mitzuteilen. Dazu lieferte er nach den Sitzungen Berichte an die Aufsichtsbehörde, sein ihm als Staatskommissär zustehendes Einspruchsrecht übte er nie aus.
24 Jahre lang "Aufpasser" der BAWAG
Der Beamte des
Finanzministeriums war seit 1981 stellvertretender Staatskommissär in der
BAWAG und amtierte 24 Jahre lang als zweiter staatlicher "Aufpasser" der
Bank, indem er an den Aufsichtsratssitzungen teilnahm. Obwohl Mantler nur
Stellvertreter des Staatskommissärs war (1994 bis 2003 war Herbert Sutter
BAWAG-Staatskommissär, Anm.), waren laut einer Vorgabe des
Finanzministeriums bei den großen Instituten immer beide Staatskommissäre
nach Möglichkeit anwesend, berichtete Mantler heute.
Vater-Sohn-Geschäftsbeziehung war kein Problem
Von den
"Karibik-1"-Geschäften der Bank mit Wolfgang Flöttl, Sohn des damaligen
BAWAG-Generaldirektors Walter Flöttl, wurde laut Mantler auch im
Aufsichtsrat berichtet. Die Vater-Sohn-Geschäftsbeziehung war für ihn kein
Problem, da dies ja offengelegt worden sei. Wegen der "schlechten Optik" in
der Öffentlichkeit seien die Geschäfte aber dann 1994 beendet worden, obwohl
der Ertrag hoch gewesen sei, erinnerte sich Mantler.
Bericht zeigte Mängel in der internen Revisio auf
Die
Wiederaufnahme der Flöttl-Geschäfte sei dann im Jahr 1995 erfolgt, und zwar
gemäß einem Nationalbank-Bericht mit gewissen Auflagen. Den Bericht der OeNB
habe er damals nicht bekommen, sondern der Staatskommissär Sutter,
berichtete Mantler heute. Der Bericht habe Mängel in der internen Revision
aufgezeigt, die zu beseitigen gewesen wären. Bei den neuen Flöttl-Geschäften
("Karibik-2") seien aber im Aufsichtsrat keine Revisionsberichte mitgeteilt
worden, so Mantler in der Befragung.
Elsner habe Ausgleich des Ertragsentganges in Aussicht gestellt
1998
habe der damalige Generaldirektor Helmut Elsner dann im Aufsichtsrat von
einer Beendigung der Geschäfte mit Flöttl berichtet. Die Sondergeschäfte
seien eingestellt worden, der Ertragsentgang werde ausgeglichen, hatte
Elsner damals dem Aufsichtsrat erklärt. Danach - und auch davor - habe es
jedenfalls keine beunruhigende Meldung im Aufsichtsrat gegeben, so der
Staatskommissär. Dass er den Bericht der Nationalbank 2001 über die BAWAG
nicht bekommen habe, habe ihn eigentlich verwundert. Die Aufsichtsbehörde
hätte ihm den Bericht geben müssen.
Berichtpflicht wurde verletzt
Rückblickend sieht Mantler die
Bestimmungen des Bankwesengesetzes (BWG) zur Berichtspflicht und zur
Zustimmungspflicht verletzt. Der Wirtschaftsprüfer hätte seine Redepflicht
ausüben müssen, da offenbar bei der BAWAG eine Bestandsgefährdung vorgelegen
sei, so Mantler - was auf heftigen Widerspruch des Verteidigers des
angeklagten Wirtschaftsprüfers Robert Reiter stieß. Grundsätzlich habe die
BAWAG aber im Laufe der Jahre eine "tolle Entwicklung" vollzogen, das sei
anhand der Bilanzen "unleugbar". Die Verluste seien eine "Katastrophe", aber
die Geschäfte seien laut Mantler "sicherlich gut gemeint" gewesen, um die
Bank im Wettbewerb zu positionieren, zeigte er sich nicht besonders empört.
BAWAG hätte "Ausstiegsschnitt" machen sollen
Auf
die schon oft von der Richterin Claudia Bandion-Ortner an die Zeugen
gestellte Frage, "was ist schiefgelaufen?", zog der Beamte einen Vergleich
mit dem Glücksspiel: Es sei "wie bei den Roulettespielern, man versucht
immer durch neue Einsätze vorangegangene Verluste wettzumachen, das ist halt
leider nie mehr geglückt". Wenn die Verluste im Aufsichtsrat der Bank
bekanntgeworden wären, hätte man einen "Ausstiegsschnitt" machen sollen. Bei
rechtzeitigem Eingestehen der Verluste wäre alles "weniger schmerzhaft"
abgelaufen. Immer weiter zu spielen "das war die Katastrophe", sagte Mantler.