Die BAWAG läßt grüßen: Die ÖBB hat heuer mit innovativen Finanzgeschäften 50 bis 60 Mio. Euro Bewertungsverluste eingefahren.
Dies habe Finanzvorstand Erich Söllinger bestätigt, berichtet das Wirtschaftsmagazins "Format" in seiner jüngsten Ausgabe. Wie die ÖBB heute dazu in einer Pressemitteilung erklärten, habe man vorgesorgt und Bewertungsschwankungen durch Rückstellungen abgesichert. Gewerkschaft und politische Parteien fordern personelle Konsequenzen in der ÖBB-Chefetage.
Portfolios müssen abgewertet werden
Laut dem Magazinbericht
müssen die ÖBB ein Portfolio von 200 Asset Backed Securities (ABS) und
Collateralized Debt Obligations (CDOs) abwerten, weil die Kreditkrise alle
solchen Wertpapiere massiv unter Druck gebracht habe. Die ÖBB habe die
Papiere vor knapp zwei Jahren im Rahmen eines Portfolio Credit Default Swap
im Volumen von 612,9 Mio. Euro gekauft und dafür andere Finanzanlagen aus
früheren Cross-Border-Leasinggeschäften verkauft. Die Motivation dahinter
sei gewesen, das Klumpenrisiko zu reduzieren und die Ertragsoptimierung,
erklärte Söllinger.
60 Millionen Euro abschreiben
Zur Reduktion des Klumpenrisikos
seien einige wenige Wertpapiere in die 200 Titel getauscht worden, die nun
aber alle gleichermaßen von der Kreditkrise betroffen seien. Die
Ertragsoptimierung sei bisher nicht aufgegangen. Denn bei Abschluss des Swap
hätten die ÖBB 23,9 Mio. Euro eingenommen, aber bisher ingesamt 80 Mio. Euro
abschreiben müssen. Bis zu 60 Millionen heuer, und schon 21,3 Millionen im
vorigen Jahr.
"Die derzeitige Entwicklung auf den Finanzmärkten, vor allem in Nordamerika, führt zu größeren Wertschwankungen, denen seitens der ÖBB durch Rückstellungen Rechnung getragen wird", so die ÖBB heute. Bei einer Entspannung auf den Finanzmärkten seien die Rückstellungen in den nächsten Jahren entsprechend aufzulösen. Diese Finanzinstrumente seien nur nach ihrer gesamten Laufzeit ökonomisch zu bewerten. All diese Geschäfte seien bereits in der Bilanz 2006 dargestellt worden.
An der Gewinnprognose für 2007 in Höhe von 78 Mio. Euro beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit hält Söllinger dennoch fest. "Das Geschäft ist heuer so gut gelaufen, dass wir das gut verbuchen können."
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Haberzettel: "Zockermentalität"
"Offensichtlich
hat nun auch in den Chefetagen der ÖBB mit den Swap-Geschäften eine
widerliche Zockermentalität Einzug gehalten", kritisiert
ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzender Wilhelm Haberzettl in einer
Presseaussendung die heute bekanntgewordenen Bewertungsverluste der ÖBB in
Folge der aktuellen Finanzmarktkrise.
"Da von diesen Verlusten die Steuerzahler mittelbar beziehungsweise unmittelbar betroffen sind, sehe ich einen deutlichen Handlungsbedarf für den ÖBB-Eigentümervertreter, Verkehrsminister Faymann. Diese Angelegenheit kann nicht ohne Konsequenzen zu den Akten gelegt werden", betonte Haberzettl.
Grüne sieht ÖBB "in den Fußstapfen der BAWAG"
Die
Finanzspekulationen der ÖBB und die nunmehr notwendigen Wertberichtigungen
in Millionenhöhe haben heftige Kritik der Grünen hervorgerufen. "Ich greife
mir auf den Kopf. Erst heute wurde im Parlament eine Absicherung der ÖBB
beschlossen und und nun wird das bekannt", so die Grüne Verkehrssprecherin
Gabriela Moser. Sie sprach von einer "unverantwortlichen Vorgangsweise" und
fordert Konsequenzen. Hinterfragt müsse auch die Rolle des
ÖBB-Aufsichtsrates werden, betonte Moser. Und zwar die Rolle aller
Teilnehmer.