Nach dem Krisenjahr 2006 will der ÖGB mit einem dreitägigem Bundeskongress im Wiener Austria Center neu durchstarten.
Im Zeichen des Abschieds von Präsident Karl Klein ist am Montag der Bundestag der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) vor dem Beginn des ÖGB-Bundeskongresses gestanden. Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) streute dem scheidenden Vorsitzenden in seiner Rede Blumen: "Der Karl Klein ist sicher kein Einfacher - aber welcher Gewerkschafter ist schon einfach." Die Christgewerkschafter, so Molterers Ansicht, könnten durch den ÖGB-Skandal gestärkt herausgehen.
"Die letzten Monate waren wahrlich nicht die einfachsten", setzte Molterer an, um ein Resümee der Turbulenzen rund um den Gewerkschaftsbund zu ziehen. Die "rote Verantwortung" dafür habe auch auf die FCG abgefärbt. "Wir wollen einen starken Österreichischen Gewerkschaftsbund", machte der Vizekanzler jedoch klar, einen, der "nicht einer Partei verpflichtet ist, sondern den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern". Kontrolle solle von nun an nicht mehr nur am Papier stehen.
Norbert Schnedl als Klein-Nachfolger
Der lange umstrittene und
streitbare Klein konnte sich bei seiner Abschiedsrede kleine Seitenhiebe auf
einige Delegierte nicht verkneifen: "Letztes Jahr hat nicht nur meine
Gesundheit gelitten, sondern auch mein Ansehen bei einigen Funktionären".
Seinem Nachfolger wünschte er mehr Glück, "als mir beschieden war". Als
Nachfolger Kleins wird am Nachmittag voraussichtlich Norbert Schnedl gewählt.
FSG-Chef verteidigt Koalition
Der geschäftsführende FSG-Chef
Wilhelm Haberzettl hat zum Auftakt der Fraktionskonferenz der
sozialdemokratischen Gewerkschafter seine Zustimmung zum Regierungspakt mit
der ÖVP verteidigt. In seinem Eingangsstatement verwies er Montag Vormittag
darauf, dass die Partnerwahl für die SPÖ nicht außerordentlich groß gewesen
sei. "Mit Grauen" denke er daran, wie das bei einer Minderheitsregierung
gewesen wäre, wo man jetzt mit der FPÖ in deren aktuellen Zustand "kuscheln"
müsste.
Wenig Raum für ÖGB-Krise
Relativ wenig Raum bei der
Eröffnung nahm die ÖGB-Krise an sich ein. FSG-Bundessekretärin Roswitha
Bachner meinte zum BAWAG-Skandal, ihr sei öfter zum Weinen als zum Lachen zu
Mute gewesen. Man habe "krisengeschüttelt" zur Kenntnis nehmen müssen, dass
einige wenige aus den eigenen Reihen den ÖGB in große Schwierigkeiten
gebracht hätten.
Letztlich habe man die Krise aber als Chance genutzt und einen Neustart unternommen, nach dem man sagen werde können: "Die Sozialdemokratie verleiht Flügel", meinte Haberzettl. Für die Refom des Gewerkschaftsbunds versprach er, Doppelgleisigkeiten abzubauen und Inhaltliches neu zu positionieren. Zusätzlich werde es mehr interne Kontrolle geben. Die erstmalige Wahl Haberzettls zum ordentlichen FSG-Vorsitzenden findet dann zu Mittag statt.
Gusenbauer kommt am Nachmittag
Von der Stimmung her hatte die
Bundeskonferenz im Wiener Austria Center eher unterkühlt begonnen. Der
Applaus während Haberzettls Rede war vornehm zurückhaltend. Auch die
angereisten Regierungsmitglieder wie Sozialminister Erwin Buchinger oder
Justizministerin Maria Berger (beide S) erhielten bei der Begrüßung nur
verhaltenen Beifall. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer wird erst am späteren
Nachmittag zur eigentlichen Eröffnung des ÖGB-Bundeskongresses erwartet, ihn
vertrat Staatssekretärin Heidrun Silhavy (S).
Wahl des Präsidenten
Die Wahl des Präsidenten findet erst
zum Abschluss der Veranstaltung am Mittwoch statt. Nach jetzigem Stand ist
der geschäftsführende Präsident Rudolf Hundstorfer einziger Kandidat. Als
Vizepräsidenten sind Frauenchefin Renate Csörgits und Christgewerkschafter
Schnedl vorgesehen.