Wenig bis gar keine Auswirkungen auf die Wiener Börse durch die bevorstehende Neuwahl sehen heimische Bank-Analysten.
Der Wiener Markt sei vielmehr vom internationalen Umfeld wie etwa Ölpreisen, Inflation und globaler Wirtschafts- und Kapitalmarktentwicklung geprägt, so die Meinung der Experten.
Politik ohne Einfluss
"Null Einfluss" sieht etwa der Chefanalyst
der Erste Bank, Friedrich Mostböck, weil es bei den börsenotierten
Unternehmen "null Korrelation" mit der Politik gebe. Es gebe schon zwischen
der österreichischen Konjunktur und dem Leitindex der Wiener Börse, dem ATX,
keine Korrelation, und wenn es schon zwischen Konjunktur und ATX keinen
Zusammenhang gebe, welche Auswirkungen sollte denn dann die Politik haben,
so Mostböck. Die Auswirkungen, die die österreichische Politik in den
vergangenen zwanzig Jahren gehabt habe, seien "überschaubar", meinte der
Experte am Montag vor Journalisten unter Hinweis auf seine langjährige
Tätigkeit in der Branche.
Mehr Privatisierungen möglich
Zudem seien die
ATX-Unternehmen sehr stark in Mittel- und Osteuropa engagiert. Bei einem
möglichen politischen Wechsel könnte es eventuell wieder zu mehr
Privatisierungen kommen, er sehe dies aber tendenziell nicht. Weitere
Möglichkeiten könnte es bei der Post geben. Bei der OMV sei keine weitere
Privatisierung zu erwarten, und die AUA suche einen strategischen Partner.
Beim Verbund sei schließlich eine Verfassungsänderung nötig - die staatliche
Mehrheit am heimischen Stromkonzern ist im Verfassungsrang stehenden zweiten
Verstaatlichungsgesetz festgeschrieben.
Markt reagiert nicht positiv
Man dürfe den Einfluss einer
österreichischen Regierung auf die Wiener Börse nicht überschätzen, sie sei
vor allem international getrieben, sagte Peter Szopo, Chef der Aktienanalyse
von Sal. Oppenheim Österreich. Generell reagiere ein Markt aber nicht
positiv, wenn es keine Regierung gebe. Aus der Historie der letzten drei
Wahlen in Österreich zeige sich, dass die Börse bis zum Wahltag eher
gemischt reagiere und mit der Wahl dann nach oben gehe. Auswirkungen gebe es
auf Unternehmen, bei denen der Staat etwas mitzureden habe. Dies betreffe
etwa Telekom und Post mit den geplanten "Ausgliederungen" von Beamten in die
ÖIAG oder eine eventuelle Verzögerung bei der weiteren Privatisierung der
AUA. Für alle anderen ATX-Werte seien die Auswirkungen gering, viele seien
stark in Osteuropa engagiert und bei Industriebetrieben dominiere das
internationale Umfeld.
Einflüsse erst kurz vor der Wahl
Im Juli und August werde
die Wiener Börse von den internationalen Vorgaben dominiert sein, erwartet
Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Zentralbank (RZB). Kurz vor
der Wahl könnte es Einflüsse etwaiger künftiger Koalitionen auf Einzeltitel
geben. Zudem könnte es dann im Zusammenhang mit der Wahl sein, dass gewissen
kapitalmarktfreundliche Konstellationen positiv wirkten. Ansonsten dominiere
aber die internationale Entwicklung. Vorstellbar sei beispielsweise, dass
sich im Herbst die Inflation wieder abschwäche. Das internationale
Kapitalmarktumfeld dominiere, so Brezinschek.