Barclays gesteht die Niederlage endgültig ein und kassiert von ABN 200 Millionen Euro Strafgebühr.
Der monatelange Kampf um die führende niederländische Bank ABN Amro ist entschieden. Das britische Geldhaus Barclays räumte am Freitag seine Niederlage im Ringen um die weltgrößte Bankenfusion ein, nachdem die Offerte wegen der Aktienkursverluste zuletzt deutlich an Wert verloren hatte. Damit steht das Bankentrio um die Royal Bank of Scotland mit seinem Angebot über rund 71 Milliarden de facto als Sieger fest und muss nun die Mammutaufgabe bewältigen, das in 53 Ländern aktive Geldhaus unter sich aufzuspalten.
Frist war am Donnerstag abgelaufen
Am Donnerstag war die Frist
für die ABN-Aktionäre zur Annahme des Barclays-Angebots abgelaufen. Es war
weithin erwartet worden, dass sich nur wenige Anteilseigner für die
mittlerweile rund zehn Milliarden Euro niedrigere Offerte entscheiden
werden. Wieviele ABN-Aktionäre das am Freitag auslaufende rivalisierende
Gebot des Bankenkonsortiums angenommen haben, dürfte Anfang kommender Woche
bekannt gegeben werden.
Barclays beginnt mit Aktienrückkaufprogramm
Barclays
kündigte an, sich nun auf organisches Wachstum zu konzentrieren und ein
milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm aufzulegen. Zudem forderte das
Institut von ABN 200 Millionen als "Strafgebühr", da die Niederländer die
ursprüngliche Fusionsvereinbarung aufkündigten. Diese Summe liege deutlich
höher als die Kosten für Barclays im Zusammenhang mit dem Übernahmeprojekt.
Ein ABN-Sprecher sagte, sein Institut sei zur Zahlung der Gebühr bereit.
Barclays war ursprünglich Favorit
Zu Beginn des
Übernahmekampfes vor sieben Monaten war Barclays der bevorzugte Bieter für
die Führung der niederländischen Bank gewesen, deren Wurzeln fast 200 Jahre
zurückreichen. Als die überwiegend aus Aktien bestehende Offerte aber im
Zuge der Kursverluste an Wert verlor, änderte das Management seine Haltung.
In den kommenden Wochen dürfte das siegreiche Trio, zu dem neben RBS auch
die spanische Großbank Santander und das niederländisch-belgische Institut
Fortis gehören, nun mit Hochdruck an den Kostensenkungsplänen arbeiten. ABN
beschäftigt mehr als 100.000 Mitarbeiter.
Schwierige Aufteilung steht bevor
Die drei Banken wollen ABN mit
seinen mehr als 4500 Filialen unter sich aufteilen, was als äußerst
schwierig gilt. Die belgische Fortis ist an dem Geschäft in den Niederlanden
interessiert, die spanische Banco Santander will die Tochterfirmen in
Brasilien und Italien. Die Royal Bank of Scotland möchte den Rest übernehmen
einschließlich des Investmentbankings.
ABN-Chef war skeptisch
Nicht zuletzt wegen dieser Pläne hatte
ABN-Chef Rijkman Groenink die Offerte des Konsortiums abgelehnt und der
Übernahme durch die Barclays Bank den Vorzug gegeben. Allerdings hatte er
nach der rund siebenmonatigen Übernahmeschlacht um sein Haus zuletzt selbst
Zweifel an einem Erfolg des Barclays-Gebots geäußert. Bei einem
Aktionärstreffen Ende September hatte Groenink eingeräumt, das die Offerte
geringere Aussichten auf Erfolg habe als das wesentlich höhere Gegenangebot.
Barclays-Aktien legen zu
Die Aktien von ABN und RBS lagen am
Freitag kaum verändert, während Barclays-Papiere klar im Plus lagen. Viele
Branchenexperten hatten den Kaufpreis als zu hoch bezeichnet. Die Fusion ist
letztlich auch als weiterer Erfolg eines Hedgefonds zu bewerten: Denn
ABN-Aktionär TCI hatte zu Jahresbeginn einen Zusammenschluss gefordert, um
den Aktienkurs anzukurbeln. Seither sind die ABN-Papiere um knapp 50 Prozent
gestiegen.