"Playing Cards"

Theaterzauberer Lepage im Casino

Teilen

Kanadischer Regisseur brachte ergreifendes Stück zu den Festwochen.

Das Leben ist kein Spiel. Doch mit welcher Leichtigkeit der kanadische Regisseur Robert Lepage beim Auftakt seiner geplanten Kartenspiel-Tetralogie grundlegende Fragen des Lebens aufwirft, sie kunstvoll mischt, mit Rasanz auffächert, wie ein großer Zauberer direkt vor der Nase des Publikums agiert und mit seinen offen hergezeigten Tricks doch aufs Höchste verblüfft - all' das ringt höchsten Respekt ab. "Playing Cards 1: SPADES", der dem Pik gewidmete erste Teil, überzeugte bei der gestrigen Premiere (11. Juni)  seines Festwochen-Gastspiels in der Halle D der Messe Wien, das Publikum vor allem mit handwerklicher und technischer Perfektion.

Runbühne brachte tiefen Einblick
Die im Zentrum einer Publikumsarena stehende Rundbühne von Jean Hazel ist eine Meisterleistung. Außen mit einem Laufband-Ring versehen, bietet sie in ihrem Inneren schier unbegrenzte Auftrittsmöglichkeiten aus dem Untergrund und ermöglicht durch ein raffiniertes Klappen-System Umbauten in Sekundenschnelle. Aus einer Hotelbar wird im Handumdrehen ein Hotelzimmer, ein einladender, blau schimmernder Swimmingpool, aus dem das heiße Wasser zu dampfen scheint, aber auch eine ärmliche Behausung mitten im Irak. Letztere dient für ein Rollenspiel im Spiel: Unweit der künstlichen Hotel-und Casino-Welt von Las Vegas, in der das assoziativ aus Probensituationen entwickelte Stück spielt, befindet sich in der Wüste Nevadas auch ein Trainingscamp der US. Army, in dem Soldaten der Koalitionstruppen für ihren Irak-Einsatz (wie schreiben im Stück das Jahr 2003) trainiert werden.

Multikulturelle Gelüste
So treffen in dem Hotel spanische und dänische Soldaten auf krankhafte Spieler, französische Business-Ladys, im Fernsehbusiness tätige Produzenten, freizügige Latinas, Elvis-Doppelgänger, beflissenes Hotelpersonal und jungverheiratete Ehepaare (Las Vegas gilt schließlich nicht nur als Spieler-, sondern auch als Heirats-Paradies) aufeinander und auf - den Teufel. Letzterer trägt Cowboy-Look, betätigt sich als schmieriger Verführer zu den eigenen Gelüsten und als Herr über Zeit und Raum, bleibt in seinem Tun jedoch so verworren wie die ganzen ineinander verschlungenen Geschichtenstränge. Es geht um Ängste und Hoffnungen, Krankheit, Sex und Leid, Verlust- und Liebesgeschichten, harte Wirklichkeit und den Wunsch nach Transzendenz. Um alles oder nichts. Am Spieltisch ein geläufiges, jedoch auch höchst gefährliches Motto.

52 Rollen von sechs Mimen gespielt
Dass die 52 Rollen von nur sechs hervorragenden und wandlungsfähigen Schauspielern verkörpert werden, die nicht nur leichtfüßig zwischen unzähligen Kostümen, sondern auch zwischen Französisch, Englisch und Spanisch (es gibt deutsche Übertitel) wechseln, ringt ebenso Hochachtung ab wie die Tätigkeit zahlreicher unsichtbarer Helfer unter der Rundbühne, die mithelfen, dass zweieinhalb pausenlose Stunden wie im Flug vergehen. Die inhaltliche Diffusität sieht man in diesem Fall gerne nach: Besser gut gespielt als schlecht erzählt. In ihrer letzten Woche haben die Wiener Festwochen noch ein As aus dem Ärmel geholt.

Info
Playing Cards 1: SPADES – Karten spielen 1: PIK" von Ex Machina / Robert Lepage, Regie: Robert Lepage, Bühne: Jean Hazel, Mit Sylvio Arriola, Nuria Garcia, Tony Guilfoyle, Martin Haberstroh, Sophie Martin und Roberto Mori. Gastspiel von Ex Machina bei den Wiener Festwochen, Weitere Vorstellungen: 12., 13., 14., 15. Juni, 19.30 Uhr, Messe Wien, Halle D, Karten: www.festwochen.at.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.