Justizanstalt Hirtenberg

Toter Häftling: Ursache geklärt, doch Fragen offen

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Es muss überprüft werden, ob der Häftling sorgfaltskonform behandelt wurde.

Nun steht fest, was zum Tod eines 55-jährigen Häftlings der Justizanstalt (JA) Hirtenberg geführt hat, der am 6. Dezember 2016 in einem Wiener Spital gestorben ist. Der Gerichtsmediziner Christian Reiter kommt in seinem Gutachten zum Schluss, dass eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung kausal für den Todeseintritt gewesen ist.

Reiter findet in seiner Expertise, die er Anfang März der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt hat, wo ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung anhängig ist, "bei derzeitigem Aktenstand keine Anhaltspunkte für ein fremdes Verschulden am Tod des Mannes". Allerdings hält Reiter die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen für erforderlich, zumal der 55-Jährige im Gefängnis seit längerem über starke Bauchschmerzen geklagt haben soll. "Ob die medizinische Betreuung in der JA Hirtenberg bzw. in den nachfolgenden medizinischen Einrichtungen sorgfaltskonform war und ob die Bauchspeicheldrüsenentzündung vorhersehbar und abwendbar war, muss ergänzend einem Sachverständigen für Chirurgie unter Heranziehung der jeweiligen Krankenunterlagen übertragen werden", betont Reiter in seinem Gutachten.

Keine rechtzeitige Behandlung?

Mirsad Musliu (Kanzlei Nikolaus Rast), der Rechtsvertreter der Hinterbliebenen, die sich dem gegen derzeit unbekannte Täter geführten Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen haben, hat bereits die Einholung eines chirurgischen Gutachtens beantragt. Außerdem will er mehrere Häftlinge der JA Hirtenberg zeugenschaftlich vernehmen lassen. "Die haben alle mitbekommen, unter welchen Schmerzen der Mann im Gefängnis gelitten hat", so Musliu im Gespräch mit der APA. Der 55-Jährige habe zunächst nur Schmerzmittel und Infusionen bekommen und sei nicht rechtzeitig lege artis behandelt worden. Die Generaldirektion für den Strafvollzug hat diesen Vorwurf bereits Ende Februar gegenüber der APA zurückgewiesen.

Der Häftling war am 1. Dezember 2016 zur operativen Behebung eines Hodenbruchs in ein Wiener Spital überstellt worden. Am 2. Dezember verschlechterte sich kurz vor dem geplanten Eingriff plötzlich sein Gesundheitszustand, er musste reanimiert und auf die Intensivstation verlegt werden, wo ein Venenkatheter gesetzt wurde. Nach einer Stoffwechselentgleisung zeigten sich erhöhte Leber- und Pankreaswerte, eine Computertomographie wies schließlich eine ausgeprägte Bauchspeicheldrüsenentzündung nach. Am Morgen des 6. Dezember trat der Herz-Kreislaufstillstand ein.

Auslöser unklar

Was die Bauchspeicheldrüsenentzündung ausgelöst hat und inwieweit dabei eine vorbestehende Erkrankung der Leber eine Rolle gespielt hat, konnte die gerichtliche Obduktion nicht klären. Gerichtsmediziner Reiter fand jedenfalls keine Hinweise, dass die Bauchspeicheldrüsenentzündung "schon längere Zeit bestanden hat". Überdies hält Reiter in seinem Gutachten fest: "Die chronische Lebererkrankung kann mit Oberbauchschmerzen verbunden gewesen sein."

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