Am Weg zum Flughafen

Gurlitt: "Staatsanwalt hat alles von mir"

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Cornelius Gurlitt sprach gestern mit Reportern. Er war auf dem Weg zum Flughafen.

Er schaut aus wie der nette Pensionist von nebenan. Dichtes, graues Haar, viele kleine Falten um die blauen Augen und ein leicht gebückter Gang.

Nichts an diesem älteren Herrn lässt erahnen, dass er mehr als 1.400 Meisterwerke, darunter Nazi-Raubkunst, in seiner Münchner Wohnung hortete. Zum ersten Mal meldete sich Cornelius Gurlitt (79) am Dienstagmittag selbst zu Wort.

Erstes Geständnis im Kunstschatz-Fall
„Ich habe alles der Staatsanwaltschaft übergeben“, gesteht der gebürtige Österreicher. Weder in seinen zwei Wohnungen in München noch in seinem heruntergekommenen Haus in Salzburg sollen weitere Gemälde versteckt sein.

Damit widerspricht er den Aussagen seiner Familie. „Mein Cousin hat noch mehr versteckt. Das war erst die Spitze des Eisbergs“, sagte Ekkehart Gurlitt im ÖSTERREICH-Gespräch. Was davon stimmt, könnte eine Hausdurchsuchung in Salzburg klären.

Fest steht, Cornelius Gurlitt ist jetzt erst einmal vereist. Mit einem schwarzen Rollkoffer und einem Regenschirm kam er am Dienstag aus seinem Appartement.

Auf dem Weg zu seinem Taxi drehte er sich zu den wartenden Reportern: „Ich bin auf dem Weg nach Würzburg, zum Arzt. Aber ich bin bald zurück.“ Begleitet von einer Frau stieg Cornelius Gurlitt ins Auto: „Zum Flughafen“, sagte er. Etwas eigenartig, denn nach Würzburg sind es von München nur zwei Stunden mit dem Auto. Die Reise dürfte also doch woanders hingehen …

Urheberrechts-Expertin: "Wenig Chance auf Rückgabe der Bilder"

ÖSTERREICH: Wem gehören die Bilder, die von den Nazis als „entartet“ deklariert wurden und jetzt bei Cornelius Gurlitt gefunden wurden?
K. Garbers-von Boehm: Bei der entarteten Kunst hat der NS-Staat sein eigenes Eigentum beschlagnahmt und entwertet. Die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger muss dafür einstehen. Anders kann es aber sein, wenn ein Kunstwerk eine Leihgabe für ein Museum war und dann beschlagnahmt wurde.

ÖSTERREICH: Kann denn ein Erbe eines früheren Besitzers die Rückgabe eines Bildes fordern?
Garbers-von Boehm: Das Problem dabei ist vor allem die Verjährungsfrist. Die liegt bei 30 Jahren, wenn es sich um Privatpersonen handelt, wie bei Herrn Gurlitt. Öffentliche Institutionen wie Museen machen den Verjährungseinwand nicht geltend. Sie würden die Bilder zurückgeben, weil sie sich an die Washingtoner Prinzipien halten.

ÖSTERREICH: Können Nachkommen jüdischer Besitzer die Rückgabe der Werke noch einklagen?
Garbers-von Boehm: Sie können klagen, aber sie laufen Gefahr, dass sich Gurlitt vor Gericht auf die Verjährung beruft. Allerdings kann man sich darüber streiten, ob das Sichberufen auf Verjährung in diesem Fall möglich wäre. Denn der Vater von Cornelius Gurlitt hatte seinerzeit die Unwahrheit gesagt, indem er behauptete, die Werke seien verbrannt. Das ist aber wiederum keine Behauptung, die Cornelius Gurlitt aufgestellt hat.

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