Staatsfernsehen

So berichten Putins Sender über Syrien-Krieg

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"Unterstütze Assad": TV-Sender zeigen russische Erfolge ohne Tote.

An manchen Bildern des Syrien-Krieges kann sich das russische Staatsfernsehen gar nicht sattsenden. Immer wieder zeigen die vom Kreml gesteuerten TV-Kanäle, wie ein Marschflugkörper mit todbringender Ladung den Raketenkreuzer "Moskwa" verlässt und mit gleißendem Strahl davonrast. Das vermutete Resultat des Einschlags - Blut und Zerstörung - ist nicht zu sehen.

Hoch effizient
Dennoch lobt Präsident Wladimir Putin den Einsatz der "Kalibr"-Raketen als "hoch effizient". "Eher Propaganda" sei diese martialische Aktion gewesen, meint hingegen der Armee-Experte Pawel Felgenhauer. Präziser als Kriegsschiffe hätten wohl Kampfjets die Ziele getroffen. "Doch Putin wollte eine Machtdemonstration - auch nach innen", sagt er. Ein Großteil der Bevölkerung blicke mit Skepsis auf den Militäreinsatz - obwohl Russland in dem entfernten Land keine Bodentruppen einsetze.

"Das Trauma des Afghanistan-Feldzugs, bei dem 15.000 Sowjetsoldaten starben, ist aber sehr präsent", meint Felgenhauer. Noch größer sei die Furcht vor einem Anschlag wie etwa 2010 in der Moskauer U-Bahn. Damals töteten islamistische Selbstmordattentäterinnen 40 Menschen. Seitdem stehen in der Metro Metallrahmen wie in Flughäfen zur Personen- und Gepäckkontrolle.

Krieg alternativlos

Auch der Politologe Dmitri Trenin sieht Putin unter Druck. Der Einsatz in Syrien sei Russlands erste Militäraktion außerhalb der ehemaligen Sowjetunion seit Ende des Kalten Krieges. "Da wollen die Leute wissen, wozu ein solches Risiko nötig ist", sagte Trenin dem Radiosender Echo Moskwy. Dass die Staatsmedien die Intervention positiv darstellten, findet der Experte vom Carnegie Center in Moskau im internationalen Vergleich nicht ungewöhnlich. "Wohl jeder Krieg wird der Heimatfront als alternativlos dargestellt."

Präventivschlag
Der Kreml bezeichnet die Luftangriffe in dem Bürgerkriegsland als Präventivschlag. Die Terroristen müssten in Syrien getötet werden, damit sie nicht nach Russland kommen, heißt die schlichte Formel. "Die Sicherheit Russlands wird auch in Syrien verteidigt", meint Premier Dmitri Medwedew. Wie bestellt nimmt der Geheimdienst FSB dieser Tage zwölf Männer fest, die Anschläge geplant haben sollen. Staatsmedien präsentieren die angeblichen IS-Anhänger wie Trophäen.

Die Angst vor gewaltbereiten Rückkehrern ist nicht unbegründet. Schätzungen zufolge würden zwischen 5000 und 7000 Bürger aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion aufseiten des IS kämpfen, sagt Putin. Etwa 2500 davon sollen russische Staatsangehörige sein.

"Analysen deuten aber darauf hin, dass viele russische Angriffe in Syrien nicht den IS oder die Al-Nusra-Front treffen, sondern Stellungen der gemäßigten Rebellen", kritisiert die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die in London ansässige Organisation wirft Putin vor, mit dem Engagement in Wirklichkeit nur den umstrittenen Präsidenten Bashar al-Assad stützen zu wollen.

"Unterstütze Assad"

Russland dementiert nicht, dass es seinen engen Partner an der Macht halten will - im Gegenteil: Gut sichtbar hängen in der Auslage einer Boutique in Kreml-Nähe T-Shirts mit der Aufschrift "Unterstütze Assad!". Auf der Brust prangt ein russischer Kampfjet. Und der Vorwurf von Angriffen auf die Opposition? Diese Frage stelle sich nicht, meint General Andrej Kartapolow: Wer mit der Waffe gegen eine "legitime Regierung" kämpfe, könne kaum als "gemäßigt" gelten, sagt das Mitglied des Generalstabs der Zeitung "Komsomolskaja Prawda".

Doch trotz aller Jubelmeldungen über russische Erfolge: Putin weiß wohl, dass der Syrien-Krieg zuerst zu Hause gewonnen werden muss. "Unsere Soldaten sind nicht in Gefahr", betont der Oberbefehlshaber. In den Staatsmedien ist Lageralltag zwischen Luftangriffen zu sehen.

Krieg ohne Tote
Reporter, die bisher aus der Ostukraine berichteten, sind nun in Syrien stationiert. Der Ukraine-Konflikt ist fast völlig aus dem russischen Fernsehen verschwunden. "Tag und Nacht brodeln die Feldküchen", berichtet ein Korrespondent vom Mittelmeer-Stützpunkt Latakia. Gelegentlich startet heulend ein russischer Suchoi-Kampfjet. Bilder von Opfern sind nicht zu sehen - es wirkt wie ein Krieg ohne Tote.

Es gehe bei dem Konflikt nicht um Moskau, meint Kartapolow. Aber die syrische Bevölkerung sei "unendlich dankbar" für die Unterstützung. Seit Russland Bomben auf Terroristen werfe, könnten die Kinder in Syrien wieder lächeln, sagt der General. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte findet eine solche Sichtweise zynisch. Sie wirft Moskau vor, bei den Angriffen viele Zivilisten getötet zu haben.
 

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