Venezuela

Parlament stattet Chavez mit Sonderrechten aus

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Scharf haben die USA die neue Machtfülle von Venezuelas Präsidenten Chavez kritisiert. Künftig kann er per Präsidialdekret regieren.

Das venezolanische Parlament hat Präsident Hugo Chavez für die nächsten eineinhalb Jahre mit starken Sondervollmachten ausgestattet. Die Abgeordneten in Caracas stimmten am Mittwoch einhellig für die Möglichkeit von Präsidialdekreten in insgesamt elf Bereichen und stellten sich damit hinter die Pläne von Chavez, Venezuela zur sozialistischen Republik umzugestalten.

Verstaatlichungen geplant
Der Präsident strebt unter anderem die Verstaatlichung von Stromversorgung und Telekommunikation an. Zudem hat er angekündigt, per Referendum über eine Verfassungsänderung abstimmen zu lassen, die ihm unbegrenzt viele Kandidaturen für die Präsidentschaft ermöglicht und auf eine neue Definition des Privateigentums zielt.

"Lang lebe das souveräne Volk! Lang lebe Präsident Hugo Chavez! Lang lebe der Sozialismus", erklärte Parlamentspräsidentin Cilia Flores nach der Abstimmung der Abgeordneten bei einer öffentlichen Vollversammlung auf dem Bolivar-Platz in der Innenstadt von Caracas. "Vaterland - Sozialismus oder Tod", rief Flores vor Hunderten Chavez-Anhängern. Da die Opposition die Parlamentswahlen 2005 boykottierte, sitzen im Parlament ausschließlich Parteigänger des Präsidenten. So war das Votum nur Formsache.

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(c) REUTERS/ Miraflores Palace
© (c) REUTERS/ Miraflores Palace

Präsidialdekrete
Das in vier Teile gegliederte Gesetz ermächtigt Chavez zu Schritten, die "den Aufbau eines neuen, nachhaltigen ökonomischen und sozialen Modells" anstreben. Zu den elf Bereichen, in denen Chavez per Präsidialdekret regieren darf, gehören unter anderem der Umbau der staatlichen Institutionen, wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigung, Energie sowie Steuern und Finanzen. Damit wird Chavez zum fast unumschränkten Gesetzgeber anstelle des Parlaments.

Chavez bezeichnete das neue Gesetz als Beginn einer Ära der "maximalen Revolution" auf Venezuelas Weg zum Sozialismus. Er hat auch neue Steuern für Wohlhabende sowie eine stärkere staatliche Kontrolle im Öl- und Gassektor angekündigt. Vizepräsident Jorge Rodriguez dankte dem Parlament, dass es "den Treibstoff" zur Verfügung gestellt habe, mit dem der Motor des gesellschaftlichen Wandels gestartet werden könne.

Autokratische Regierungsweise
Kritiker werfen Chavez hingegen eine zunehmend autokratische Regierungsweise vor. Bereits zwei Mal ließ sich der Staatschef Sondervollmachten ausstellen, allerdings für beschränktere Gesetzesvorhaben wie neue Steuern oder eine umstrittene Agrarreform. Die Opposition bezeichnet Chavez als "Tyrannen". Der Industrieverband Conindustria rief die Regierung und das Parlament erst vor wenigen Tagen auf, "demokratische Werte wie das freie Unternehmertum, Privateigentum sowie Gedanken- und Meinungsfreiheit" zu respektieren.

Vor der Abstimmung hatte Rodriguez den Gegnern von Chavez im In- und Ausland gekontert: "Was für eine Diktatur ist das, die behauptet, man müsse das Einkommen demokratisieren, man müsse in Gesundheit, Wohnungsbau, Bildung und Ernährung investieren? Wo hat man so eine Diktatur gesehen, um Gottes willen?" Der Sozialismus werde die schlimmen sozialen Ungleichheiten ebenso ausmerzen wie Korruption und Bürokratie.

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(c) AFP
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Chavez ist ein erklärter Gegner der USA und Freund des kommunistischen kubanischen Staatschefs Fidel Castro. Er war 6. Dezember 2006 mit 62 Prozent der Stimmen für eine zweite sechsjährige Amtszeit wiedergewählt worden. Chavez regiert das südamerikanische Ölland seit 1999.

Kritik von US-Präsident Bush
US-Präsident George W. Bush hat die zunehmende Macht des venezolanischen Staatschefs Hugo Chavez kritisiert. "Ich mache mir Sorgen um das venezolanische Volk", antwortete Bush am Mittwoch dem Fernsehsender Fox News auf eine Frage zu den von Chavez geplanten Verstaatlichungen. "Mich beunruhigt die Schwächung demokratischer Institutionen. Ich befürchte, dass die Nationalisierung der Industrie es den Venezolanern erschweren wird, aus der Armut herauszukommen".

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